Abgesetzter Erdoğan-Rivale İmamoğlu zum Präsidentschaftskandidaten gewählt


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Zusammenfassung
- Ein Gericht ordnete Untersuchungshaft für den Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu wegen Korruptions- und Terrorismusvorwürfen an.
- İmamoğlus Festnahme führte zu den größten Straßenprotesten in der Türkei seit einem Jahrzehnt, mit Hunderten Festnahmen durch die Polizei.
- İmamoğlu ist als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat gegen Erdoğan im Gespräch, wobei die CHP zur Wahl aufruft, um den Widerstand gegen seine Inhaftierung zu stärken.
Der inhaftierte Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu wurde von seiner Partei, der türkischen Oppositionspartei CHP zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gewählt. Parteichef Özgür Özel erklärte vor Teilnehmern einer Demonstration in Istanbul am Abend, es hätten 1,6 Millionen der insgesamt 1,7 Millionen CHP-Mitglieder für den 53-Jährigen als Kandidat bei einer künftigen Präsidentschaftswahl gestimmt. Er gilt als aussichtsreicher Herausforderer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Über den inhaftierten İmamoğlu wurde die U-Haft verhängt. Das habe ein Gericht entschieden, meldete der türkische Sender A Haber am Sonntag. Am Sonntag wurde dann ebenfalls bekannt, dass İmamoğlu als Bürgermeister von Istanbul vom türkischen Innenministerium "vorübergehend" abgesetzt wurde.
Es wird erwartet, dass der Stadtrat von Istanbul, in dem die oppositionelle CHP die Mehrheit hat, in den kommenden Tagen einen amtierenden Bürgermeister wählen wird. Zwei weitere Bezirkspolitiker wurden ebenfalls abgesetzt, so das Ministerium.
İmamoğlus Festnahme am Mittwoch hat die größten Straßenproteste in der Türkei seit mehr als zehn Jahren ausgelöst. Hunderte Menschen wurden dabei festgenommen. İmamoğlu gilt als aussichtsreichster Konkurrent von Langzeit-Machthaber Recep Tayyip Erdoğan.
Hunderte Festnahmen bei Protesten gegen İmamoğlus Festnahme
Bei Protesten gegen das Vorgehen der Justiz waren der türkischen Regierung zufolge zuvor erneut Hunderte Menschen festgenommen worden. Innenminister Ali Yerlikaya erklärte am Sonntag, 323 Personen seien in Gewahrsam genommen worden. "Keinerlei Versuch, die öffentliche Ordnung zu gefährden, wird geduldet", betonte der Minister. Bereits am Samstag waren über 300 Festnahmen gemeldet worden.
Seit Mittwoch sind Zehntausende Menschen in Istanbul, Ankara und anderen Städten gegen die Festnahme İmamoğlus auf die Straße gegangen. Die Polizei ging mit Pfefferspray, Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor, die ihrerseits Polizisten mit Knallkörpern und anderen Gegenständen bewarfen.
Erdoğan-Wahlgegner soll fixiert werden
Am Sonntag sind die Mitglieder von İmamoğlus Partei CHP (Republikanische Volkspartei) aufgerufen, ihn zum Kandidaten für die nächste Präsidentenwahl zu bestimmen. Die CHP hat auch Nicht-Partei-Mitglieder aufgefordert, für İmamoğlu zu votieren, um den öffentlichen Widerstand gegen dessen Inhaftierung zu stärken. Die CHP hat mehr als 1,5 Millionen Mitglieder und lässt in allen 81 Provinzen der Türkei wählen. Die Abstimmung endet am Nachmittag.
Reguläre Präsidentenwahlen in der Türkei sind für 2028 angesetzt. Erdogan könnte sie jedoch vorziehen, um eine Begrenzung auf zwei Amtszeiten zu umgehen, falls er wieder antreten will. İmamoğlus Verhaftung ist der vorläufige Höhepunkt einer monatelangen juristischen Kampagne gegen Oppositionelle, die als Versuch kritisiert wird, deren Wahlchancen zu schmälern und abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück.
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