Truss will „Sturm durchstehen“, doch konnte nur knapp Meuterei abwenden

Truss will „Sturm durchstehen“, doch konnte nur knapp Meuterei abwenden
Die britische Premierministerin ist erst fünf Wochen im Amt - und steht unter massivem Druck.

Mit einer weiteren demütigenden Steuer-Kehrtwende und einem Bauernopfer kämpft die britische Premierministerin Liz Truss verzweifelt gegen stürmische See auf Finanzmärkten und um ihr politisches Überleben.  

Am Freitag zeichnete sich eine Meuterei gegen die erst seit gut fünf Wochen regierende Truss, 47, innerhalb ihrer konservativen Tory-Partei ab. Führende Tories diskutieren ihre Ablösung als Premier durch einen neuen Kapitän, schrieb die Times. Möglich sei dabei ein Pakt zwischen Kabinettsmitglied Penny Mordaunt und Ex-Finanzminister Rishi Sunak, die Truss im Kampf um Partei- und Regierungsspitze unterlegen waren. Selbst die bislang meist Truss-treue Daily Mail warnte, sie habe nur bis Monatsende, „ihren Job zu retten“. Aber die Times läutete die Alarmglocken, weil ein Tory-„Ältestenrat“ aus Ex-Ministern schon bereit sei, Truss aufzufordern, über die Planke zu gehen. 

Dazu war sie vorerst nicht bereit. Stattdessen warf sie Finanzminister Kwasi Kwarteng, ihren engsten Verbündeten, nach nur 38 Tagen über Bord. Ex-Außenminister Jeremy Hunt heuerte sie als neuen Finanz-Steuermann an.  

Auch ihr zentrales Versprechen, die von Vorgänger Boris Johnson und Sunak ab April geplante Erhöhung der Unternehmenssteuer von 19 auf 25 Prozent zu streichen, war plötzlich verzichtbarer Ballast. Das soll 18 Milliarden Pfund (20.7 Milliarden Euro) pro Jahr einbringen. „Wir werden diesen Sturm durchstehen“, sagte Truss abermals als sie den Kurswechsel verkündete und „Fiskaldiziplin“ versprach, um Markt-Wogen zu glätten und Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Auf Fragen, warum nicht auch sie abtrete, meinte sie ausweichend, sie sei „absolut entschlossen“, weiterzumachen.

Seit Wochen hagelt es Kritik an Truss und ihrer Mannschaft. Anlass ist ein bisher mit Schulden finanzierter Haushalt und „Wachstumsplan“, der auf Finanzmärkten heftige Wellen schlug. Nach Protesten musste Truss kürzlich schon eine geplante Streichung des Spitzensteuersatzes zurücknehmen, um sich über Wasser zu halten. 

Ob die neuerliche Kehrtwende ein Rettungsanker für sie sein kann, bezweifeln aber manche. „Sie ist genauso schuldig wie Kwarteng”, zitierten Medien etwa einen anonymen Tory-Ex-Minister. „Sie ist heute nur sicher, weil ein einfacher Weg, sie zu ersetzen, fehlt”, meinte der Telegraph. Im Fall von Neuwahlen müssen die Tories Schiffbruch befürchten, weil die Labour Partei in Umfragen klar voran liegt. Denn viele Wähler sind gegen den von Truss eingeschlagenen Kurs. Laut YouGov sprechen sich 50 Prozent der Briten dafür aus, sie abzusetzen; 66 Prozent, inklusive 62 Prozent der Tory-Wähler, meinen, sie sei die „falsche Wahl“ für den Premierposten gewesen. 

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