Trump und Kim: Was ist dieser Handschlag wert?
- US-Präsident nennt den vierstündigen Gipfel großen Erfolg
- Nordkorea verpflichtet sich zu kompletter Denuklearisierung
- Kim Jong-un kündigt an, dass die "Welt große Veränderungen sehen wird"
- Trump lädt Kim nach Washington ein
- Ende der US-Militärmanöver in Südkorea
- Menschenrechte wurden "kurz" angesprochen
Der kleine Diktator und der wie immer etwas übergroße Präsident hatten noch gar nicht Platz genommen, da fing schon weltweit das Beckmessern von Experten, politischen Beobachtern aber auch chronischen Besserwissern an. Der Gipfel zwischen Trump und Kim habe nichts als heiße Luft gebracht, all das sei schon einmal dagewesen und außerdem habe Trump einen grausamen Diktator hofiert. All diese Binsenweisheiten hätte man schon lange produzieren können, bevor das Treffen in Singapur auch nur angedacht war. Natürlich enthält eine Erklärung, wie sie heute unterzeichnet wurde, Stehsätze und vage Formulierungen. Das lässt sich über jedes Abkommen dieser Art sagen.
Mut zur Geste
Dass ein stalinistischer Diktator, dessen einzige politische Überlebensgarantie sein in jahrzehntelanger Ausbeutung aller Ressourcen seines Landes zusammengebasteltes Atomarsenal ist, dieses nicht ansatzlos und jubelnd einstampft, ist wohl klar. Vielmehr überrascht, dass er tatsächlich einer Formulierung wie "die Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel abzuschließen" zugestimmt hat. Dass man jetzt vielerorts auf ähnliche Formulierungen in früheren gescheiterten Verträgen mit Nordkorea hinweist, ist verzichtbar. Denn was Trumps Gipfel von all den früheren Verhandlungen unterscheidet, ist der Mut zur Geste - und auf die kommt es in solchen historischen Momenten nun einmal an. Der US-Präsident hat dem Diktator die politische Anerkennung gegönnt, nach der dessen Vater und Großvater immer gegiert und sie nie bekommen haben.
Doch diese Geste - auch das eine Grundregel der internationalen Politik - hat mehr Bedeutung und auch schwerwiegendere Konsequenzen als jedes Wort in irgendeinem Abschlussdokument. Sie ist für den Nordkoreaner eine Verpflichtung zu handeln, erfüllt er sie nicht, haben die USA freie Hand, sein Regime endgültig und mit allen Mitteln zu entfernen.
Die Bilder vom Treffen in Singapur
Gleichermaßen Anerkennung wie Drohung
Trump mag ein schlichter Charakter sein, aber er besitzt Instinkt für Gesten, mit denen man Macht- und Revierkämpfe bestreitet, unter Alphatieren jeglicher Gattung. Sein Schritt, den viele jetzt als verfehlte Liebdienerei für einen grausamen Diktator abtun, ist gleichermaßen Anerkennung wie Drohung. Kim Jong-un muss sich dessen bewusst gewesen sein, als er nach Singapur fuhr. Er wird also tatsächlich bereit sein, politische Schritte zu setzen. Ob die Trump genügen, oder ihm vielmehr das Gefühl geben, hintergangen und um seine Freundschaftsgeste betrogen worden zu sein, wird sich vermutlich rasch weisen.
Der Mann im Weißen Haus neigt dazu, rasch und impulsiv zu reagieren - und das wird er tun. Der kleine Diktator in Pjöngjang weiß also, dass er jetzt wirklich sein politisches Leben aufs Spiel gesetzt hat. Einfach versanden wie frühere Versuche, Frieden und Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel zu erzielen, kann diese Initiative nicht so einfach. Trump, der brutale Hasardeur, ist mit ordentlichem Einsatz in dieses Spiel gegangen, und bevor er es verliert, schmeißt er lieber den Spieltisch um.
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