Ultimatum von Trump: Wieso Putin – noch – unbeeindruckt bleibt

Mitte Juli waren es noch 50 Tage, die Donald Trump Putin als Ultimatum gesetzt hatte. Jetzt hat der US-Präsident die Frist deutlich verkürzt: „Ich bin enttäuscht von Präsident Putin“, sagte Trump bei einem Besuch in Schottland. Der Kreml habe „ab heute nur mehr zehn bis zwölf Tage“ für eine Waffenruhe mit der Ukraine, sagte er, sonst würden massive Sekundärzölle für Russlands größte Wirtschaftspartner in Kraft treten.
Sind das nur große Töne, die Trump da spuckt? Oder wirkt die Drohung diesmal?
Trumps Eile hat gute Gründe. Auf dem Schlachtfeld macht Russland massive Fortschritte; Experten befürchten, dass die Russen binnen der nächsten Wochen strategisch wichtige Städte einnehmen könnten, sodass die ganze Front ins Wanken geraten könnte. Trumps Kampfansage könnte dieses Szenario verzögern, wenn nicht verhindern: Treten die geplanten 100-prozentigen Sekundärzölle für jene Staaten in Kraft, die russisches Öl und Gas kaufen, würde das Moskaus Wirtschaft massiv schaden – China und Indien sind nach dem Wegfall des Westens die Hauptabnehmer russischer Rohstoffe, Neu-Delhi hat seine Importe seit Kriegsbeginn sogar verzehnfacht. Fallen die beiden aus Angst vor den USA als Handelspartner aus, würde das ein Riesenloch in die angespannte Staatskasse Moskaus reißen.
Trumps Eiertanz
Dennoch wirkt Moskau alles andere als beunruhigt. Auch das hat gute Gründe: Trump ist nicht gerade verlässlich, was seine Drohungen angeht. In Sachen Zölle schob er Deadlines immer wieder nach hinten, auch beim TikTok-Bann war das so. Und in Sachen Ukraine war er besonders lax: Vor Amtsantritt hatte er versprochen, den Krieg „in 24 Stunden zu beenden“, zu Amtsantritt waren es dann 100 Tage. Danach hieß es, „fragen Sie mich in zwei Wochen wieder“ – eine Phrase, die er im April, Mai, Juni stets wiederholte. Parallel dazu montierte er alle Russland-Sanktionen seines Vorgängers Joe Biden ab.
Die vom Kreml kontrollierten Zeitungen fragten daher demonstrativ, warum Putin einknicken sollte, wenn Trump seine Drohungen ja nie einlöst – schließlich hat der US-Präsident sogar zu Hause das Attribut „Taco“ verpasst bekommen: Trump always chickens out, Trump zieht stets den Schwanz ein.
Damit haben sie einen Punkt. Denn Sekundärzölle könnten für die USA nach hinten losgehen: China und Indien sind nicht nur Moskaus größte Geschäftspartner, sie sind auch unter den wichtigsten Märkten für die USA. Dazu kommt, dass beide gerade Zollabkommen mit Washington verhandeln – Peking war dabei überraschend stur, und das mit Erfolg.
Moskau will deshalb die Deadline so weit wie möglich nach hinten schieben. Als „Karotte“ hielt der Kreml Trump ein mögliches Treffen mit Putin vor die Nase, zur Feier des Endes des Zweiten Weltkriegs in Peking. Damit hätte Putin viel gewonnen: Trumps Ego wäre gestreichelt, China könnte sich als Friedensvermittler inszenieren. Und seine Soldaten hätten Zeit, Tatsachen auf dem Schlachtfeld zu schaffen – die Feier ist nämlich erst am 3. September.
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