Hoffen auf Trump kann nicht genug sein: Europa steht noch immer nackt da

Trump meets with NATO Secretary General Mark Rutte in Washington
Der Sinneswandel Donald Trumps wird für Europa als großer Erfolg verkauft – dabei ist das nicht nur ein Warnsignal, sondern auch eine Peinlichkeit.
Armin Arbeiter

Armin Arbeiter

"Du willst, dass die Ukraine das bekommt, was sie braucht, aber du willst nicht, dass die Amerikaner dafür zahlen – was vollkommen logisch ist“, streute ein sichtlich erleichterter Mark Rutte Donald Trump am Montag Rosen. 

Nach Monaten peinlicher Umschmeichelungen war es dem NATO-Generalsekretär endlich gelungen, den US-Präsidenten zu einem Paradigmenwechsel zu bringen. Die USA liefern Waffen an die Ukraine, die europäischen NATO-Staaten zahlen dafür. Das ist allen Ernstes der größte Erfolg der Europäer seit Trumps Amtsantritt.

Seit bald dreieinhalb Jahren tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine, sterben Hunderttausende Menschen, werden Städte und ganze Landstriche in Schutt und Asche gelegt. Seit bald dreieinhalb Jahren lavieren europäische Spitzenpolitiker zwischen „Unterstützung so lange wie nötig“ und betroffenen Reden, wenn einmal mehr Hunderte Drohnen und Dutzende Marschflugkörper zivile Infrastruktur vernichten. 

Hin und wieder stellt sich ein Regierungschef hin, spricht von „Zeitenwende“, „Koalition der Willigen“, „Rearm Europe“ oder anderen Initiativen, die den Kontinent, der sich stets für „westliche Werte“ rühmt, international als Kontinent der leeren Worte dastehen lassen. Bald dreieinhalb Jahre nach Beginn des Krieges streiten französische und deutsche Unternehmen über gemeinsame Projekte, schießen die Aktien von Rüstungsunternehmen in schwindelnde Höhen – und scheint es selbst bei den „Willigen“ keinen Konsens darüber zu geben, wie man es endlich schaffen könnte, die Kosten für Rüstungsgüter zu senken, diese gemeinsam zu beschaffen, Rahmenbedingungen für den Verteidigungssektor zu setzen.

Die massiv gestiegenen Kosten tragen die Steuerzahler, der Unmut darüber wird nicht kleiner werden. 

Es jetzt als Erfolg zu verkaufen, dass man US-amerikanische Waffen kauft und damit nicht einmal europäische Arbeitsplätze im wichtigen Bereich der Verteidigungswirtschaft schafft, ist nichts anderes als ein Eingeständnis eines Versagens, das in den kommenden Jahren und Jahrzehnten schwerwiegende Folgen nach sich ziehen dürfte. Denn die Welt wird nicht sicherer werden – im Gegenteil. 

Die USA werden sich stückweise aus Europa zurückziehen. In diesem entstehenden Vakuum werden weitere Kriege und Konflikte ausbrechen – etwa am Balkan. Ganz zu schweigen von dem nicht unwahrscheinlichen Fall einer „militärischen Spezialoperation zur Rettung russischer Minderheiten im Baltikum“. Doch auch außenpolitisch manifestiert sich in der zunehmend multipolaren Welt eine simple wie primitive Regel: „Ich bin stärker als du, also tu, was ich dir sage.“

Europa sollte diese Regel nicht anwenden, wohl aber bereit sein, sich dagegen zu verteidigen. Derzeit ist das bei Weitem nicht der Fall.

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