Alles nur Show? Was hinter Trumps geplantem Gipfel mit Putin steckt

FILE PHOTO: Putin and Trump are pictured in 2018 in Argentina
Der US-Präsident will einen Ukraine-Gipfel organisieren – zuerst mit Putin, dann zu dritt mit Selenskij. Die große Frage dabei ist: Welche Bedingungen hat Putin? Und kann man ihm überhaupt trauen?

Vorbei die Zeiten, als Donald Trump über den „Bullshit“ wetterte, den Wladimir Putin so von sich gebe. Jetzt macht der US-Präsident wieder das, was er seit Amtsantritt tat: Er geht auf den russischen Präsidenten zu.

Am Mittwoch ließ das Weiße Haus durchsickern, dass in den nächsten Tagen ein Treffen zwischen den beiden Staatschefs anstehe. Die Ankündigung kam exakt einen Tag vor Inkrafttreten von 100-Prozent-Sekundärzöllen, die Trump Putins Unterstützern aufbrummen wollte.

Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.

Was genau ist passiert? Wer hat das Treffen initiiert?

Donald Trump hat am Mittwoch einige europäische Staats- und Regierungschefs darüber informiert, dass er sich mit Putin treffen will, danach würde er das Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij suchen – über ein Dreiertreffen. Am Donnerstag bestätigte der Kreml das – dort sprach man jedoch nur vom Zweier-Gipfel. Bis zu einem Gespräch mit Selenskij sei es hingegen „noch ein langer Weg“, sagte Putin selbst.

Trump war zuletzt wiederholt ungeduldig mit Putin geworden, stellte ihm die Rute ins Fenster – kommt es nicht zu einem Waffenstillstand, würden die USA Russlands Financiers China und Indien abstrafen. Am Mittwoch war deshalb Trumps Unterhändler Steve Witkoff im Kreml. Die Idee für das Treffen wollte allerdings niemand für sich reklamieren: Trump Sprecherin sagte, die Russen wollten es – der Kreml sagt, Washington habe es initiiert.

Ist das jetzt ein Schritt Richtung Frieden? Ist Putin zu trauen?

Nein. Putin ist ein großer Manipulator, ihm war noch nie zu trauen. Vor Kriegsbeginn sicherte er jedem westlichen Staatschef zu, dass er die Ukraine nicht angreifen wolle. Nur Stunden später startete die Vollinvasion. Seither wiederholt er gebetsmühlenartig, für Verhandlungen bereit zu stehen – jedoch stets unter Erfüllung seiner Maximalforderungen, also einer Quasi-Kapitulation der Ukrainer. 

Dass sich dieses Szenario bei dem Gipfel wiederholt, ist mehr als denkbar. In Europa wird bezweifelt, dass Putin schon alle Karten auf den Tisch gelegt hat, zudem hat der Kreml hat seine Positionen nicht verändert: Putin will alle Oblaste, die annektiert wurden, als russisches Territorium anerkannt wissen; einen Stopp der Waffenlieferungen für Kiew und eine neutrale und abgerüstete Ukraine. Dazu kursieren neue Bedingungen, die Putin angeblich Witkoff mit ins Gepäck gegeben haben soll: Er soll Gebietsabtretungen und -täusche ins Spiel gebracht haben – russisch besetzte Zonen könnten ausgeweitet werden, die Ukraine dafür Landstriche zurückbekommen. Das wäre für Kiew schwer zu akzeptieren; Gebiete abzutreten, die nicht von Russland erobert wurden, wäre Selenskijs politisches Todesurteil. 

Dass Putin womöglich Spielchen spiele, hat auch Trump selbst einräumen müssen: Danach gefragt, ob der russische Präsident wieder herumtricksen würde, sagte er: „Das kann ich erst in einigen Wochen beantworten.“

Wieso erklärt sich Putin dennoch zu einem Treffen bereit?

Weil es ihm um die Show geht – und um die Wiederherstellung seiner Reputation auf der Weltbühne, um neuen geopolitischen Einfluss. Trump ist dazu das perfekte Vehikel. Dazu will er Zeit schinden. Er spekuliert darauf, dass Trump die Zoll-Strafmaßnahmen für seine Verbündeten China und Indien so weit wie möglich nach hinten schiebt – denn auf dem Schlachtfeld läuft es derzeit ziemlich gut für ihn: Die Russen haben im Sommer so große Geländegewinne gemacht wie schon lange nicht mehr; gelingen ihnen weitere, so droht den Ukrainern ein Frontdurchbruch. Damit hätte Putin eine völlig andere Position am Verhandlungstisch, und genau darauf wartet man in Moskau.

Für die Ukraine sei der Mittwoch deshalb „kein guter Tag“ gewesen, schreibt der britische Politologe Sam Greene, der am Russland-Institut des Londoner King’s College lehrt. Das Treffen erlaube „Putin, guten Willen vorzutäuschen, und Trump, sich von einer weitgehend leeren Sanktionsdrohung zu distanzieren“.

Was ist eigentlich mit den Europäern?

Die sind – wie schon seit Trumps Amtsantritt – außen vor. Trump informierte den deutschen Kanzler Friedrich Merz, den britischen Premier Keir Starmer, Nato-Generalsekretär Mark Rutte und den finnischen Präsidenten Alexander Stubb per Telefon über das, was er zu tun gedenkt. 

Eingeladen hat er allerdings niemanden – obwohl ein Friedensschluss fast ausschließlich Europas Sicherheit betreffen würde. In Europas Hauptstädten – die Trump ja zugestanden haben, die neuen US-Waffen für Kiew über die NATO zu finanzieren - verhielt man sich am Donnerstag auffallend still. 

Und was ist mit den Ukrainern?

Trump hat Wolodimir Selenskij zwar am Mittwoch auch informiert, aber eben nur: informiert. Direkt involviert war Kiew in die Gespräche nicht, und das soll vorerst so bleiben – bis zu einem Dreiergipel ist es noch ein langer Weg. 

Selenskij, der Trumps Launen schon deutlich gespürt hat, gab sich vorsichtig optimistisch. Ukrainische Beobachter hingegen waren deutlich skeptischer: Nach diesem Schritt seien die USA nicht mehr Partner, sondern wieder Vermittler - und das könne nur schlecht für Kiew sein.

Wo könnte ein Treffen zwischen Putin und Trump stattfinden? Und ein möglicher Dreiergipfel?

Wohl weder in Moskau noch in Washington, das würde jedem Gesprächspartner die Chance auf Selbstinszenierung erschweren. Auch jeder Staat, der den IStGH anerkennt, kommt nicht infrage. Putin müsste dort aufgrund des internationalen Haftbefehls verhaftet werden. 

Gehandelt wird deshalb Katar, das sich schon als Unterhändler in vielen Kriegs- und Konfliktzonen bewiesen hat, zuletzt in Sachen Gaza. Auch Istanbul wäre eine Option, dort haben die ersten Gespräche zwischen der Ukraine und Russland stattgefunden. Die Türkei ist zwar ein NATO-Staat, wird aber von Moskau als neutraler Unterhändler akzeptiert – auch deshalb, weil das Land nach wie vor massiv Handel mit Russland treibt.

Zu guter Letzt: Was ist nun mit den Sanktionen für Russlands Unterstützer, die am Freitag in Kraft treten sollen?

Diese Frage hat Trump bisher nicht beantwortet. Eigentlich hatte er angedroht, bei einem ausbleibenden Waffenstillstand jene Länder mit einem 100-Prozent-Zoll zu belegen, die nach wie vor russisches Öl und Gas beziehen. Das zielte auf Russlands Hauptabnehmer China und Indien, die Putins Krieg so mitfinanzieren. 

Trumps Drohungen liefen aber ins Leere. Beide Staaten zeigten sich ziemlich unbeeindruckt, und auch Putin ließ nur wissen, dass er das Ganze nicht sonderlich erst nähme - Trump werde sowieso wieder einknicken. Gut möglich, dass genau das jetzt passiert. 

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