Trump will Gaza übernehmen, Palästinenser aussiedeln - geht das überhaupt?

US-Präsident Donald Trump und Israels Premier Benjamin Netanjahu
Donald Trump hat große Pläne für den völlig zerstörten Gazastreifen. „Die USA werden den Gazastreifen übernehmen“, sagte der US-Präsident zur allgemeinen Verblüffung selbst des neben ihm stehenden israelischen Premiers Benjamin Netanjahu bei einer Pressekonferenz: „Ich sehe eine langfristige Eigentümerposition."
Und Trump ließ es an Klarheit nicht missen: Die dort in Trümmern und Zerstörung lebenden Palästinenser sollten die Region verlassen und anderswo, am besten in Ägypten und Jordanien, ein neues Leben beginnen. Dann, so Trump weiter, könne der Umbau beginnen: Die USA würden den Gazastreifen in „die Riviera des Nahen Ostens“ verwandeln. So weit, so absurd anmutend. Doch gibt es an diesen Plänen auch einen wahren Kern? Wie ernst ist Trumps Vorstoß einzuordnen?
- Zwei Millionen Palästinenser aus Gaza absiedeln. Warum?
Die Idee, einen Gazastreifen ohne palästinensische Bevölkerung neu jüdisch zu besiedeln, stammt aus der extremen rechten Ecke der Politik in Israel. Doch sie ist so extrem, dass sie selbst Premier Netanjahu nie offen aussprach. Nicht so Donald Trump, der schon mehrmals angeregt hatte, die Palästinenser sollten sich doch "schönere Orte zum Leben" suchen.

Zerstörter Gazastreifen
Schon Schwiegersohn Jared Kushner, der derzeit mit saudischen Partnern Immobilienprojekte im großen Stil im Nahen Osten vorantreibt, hatte sich im Vorjahr ähnlich geäußert: "Aus Israels Sicht würde ich mein Bestes tun, um die Leute herauszubringen und dann aufzuräumen“, sagte Kushner.
Aus Sicht der israelischen Extremisten wäre ein palästinenser-freier Gazastreifen eine Sicherheitsgarantie: Terror wie jener der Hamas vom 7. Oktober 2023 wäre dann nicht mehr möglich. Die Hamas wäre endgültig weg.
- Ethnische Säuberung:
Nachdem es sich nicht um einen freiwilligen Umzug der Palästinenser handeln würde, wären es vielmehr Vertreibungen - vielmehr eine ethnische Säuberung im ganz großen Stil: Eine ganze Bevölkerung soll aus ihrer Heimat verjagt werden. Es wär ein massiver Verstoß gegen das Völkerrecht.
- US-Soldaten im Gazastreifen:
Ausgerechnet Trump, der möglichst viele US-Soldaten aus Konfliktzonen zurückholen will und mit dem Friedensnobelpreis liebäugelt, müsste Tausende amerikanische Soldaten nach Gaza schicken. Es wäre eine gigantische logistische und finanzielle Herausforderung, gegen die sich auch der Kongress vermutlich querlegen würde.
- Wer würde die zwei Millionen Palästinenser aufnehmen?
Laut Trumps Plänen wären dies Ägypten und Jordanien - was diese kategorisch ablehnen. Nicht nur, weil dies eine finanzielle und logistisch schwer zu bewältigende Aufgabe wäre, sondern auch aus Prinzip: Schon 1948 hatte Israel Hunderttausende Palästinenser vertrieben - die "Nakba" - die "Katastrophe" soll sich nicht noch einmal wiederholen.
Alle arabischen Länder lehnen Trumps vehement Plan ab, auch Saudi-Arabien. Selbst mit massiven Drohungen, Strafzölle einzuheben oder Milliardenhilfen zu streichen, dürfte Trump sich damit nicht durchsetzen.
- "Riviera des Nahen Ostens"?
"Ich denke, das Potenzial des Gazastreifens ist unglaublich. Die ganze Welt, Vertreter aus aller Welt, werden dort sein und dort leben", sagte Trump. Was er sagt, klingt nicht nach einem Politiker, sondern nach einem Immobilienmakler: Gelände säubern, gentrifizieren und dann teuer verkaufen. Der Gazastreifen ist ein souveränes Territorium, die USA oder Milliardäre können sich das Gebiet nicht einfach nach dem Recht des Stärkeren einverleiben, dort Luxusvillen oder Yachthäfen bauen. Was Trump offenbar vorschwebt, ist - nach Art seines Luxusresorts Mar-a-Lago in Florida, eine Art Mar-a-Gaza.
- Widerspruch zu Trumps eigenen Plänen:
Mit dem Gaza-Vorstoß widerspricht der US-Präsident genau seinem eigenen, außenpolitischen Lieblingsprojekt - den Abraham-Verträgen. Dabei sollen sich Israel und Saudi-Arabien auf einen Deal einigen, der den gesamten Nahen Osten weitgehend befrieden soll.
Doch Riad hat signalisiert: Mit dem Gaza-Plan kann Trump die Zustimmung Saudi-Arabiens vergessen: Vielmehr verlangen die Saudis: Keine Palästinenservertreibung, sondern eine Zweistaaten-Lösung mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt für den Palästinenserstaat.
- Fazit:
„Die Vorstellung, dass die Vereinigten Staaten Gaza übernehmen werden, auch durch die Stationierung von US-Truppen, ist nicht nur extrem, sie ist völlig realitätsfremd“, sagte Halie Soifer, Geschäftsführerin des Jewish Democratic Council of America gegenüber der New York Times. Was Trump aber mit seinem Vorstoß gelang: Er lenkte ab davon, dass es nach wie vor keine politische Lösung für die Zeit nach Ende des Krieges in Gaza gibt.
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