"Trump-feindlich" getwittert: New York Times feuert preisgekrönte Journalistin

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Am Tag der Amtsübergabe habe sich die Reporterin öffentlich zu sehr über die Ankunft Joe Bidens in Washington gefreut. Sie wurde entlassen.

„Joe Biden landet gerade am Andrews Flughafen. Ich hab Gänsehaut.“

Diese 10 Wörter haben Lauren Wolfe ihren Job gekostet. Einen guten Job. Die mehrfach ausgezeichnete Journalistin hat bisher bei der renommierten US-Tageszeitung New York Times gearbeitet.

"Trump-feindlich" getwittert: New York Times feuert preisgekrönte Journalistin

Doch der Tweet löste einen Sturm der Kritik aus. Eine „unabhängige“ Journalistin würde so etwas nicht öffentlich bekannt geben, so der Tenor – nicht nur von Trump-Anhängern.

Die New York Times gilt als absolutes Qualitätsmedium in den USA und weltweit. Doch in einer immer polarisierteren US-Medienwelt war die Zeitung in den vergangenen Jahren immer mehr der Kritik ausgesetzt – insbesondere von Rechts. Man sei Trump und den Republikanern gegenüber zu kritisch, der Opposition zu freundlich.

Nur einen Tag vor der Amtseinführung des Demokraten Joe Biden hatte Cliff Levy, Mitglied der New-York-Times-Chefredaktion, via Twitter versichert, sein Team werde „die eingehende Regierung genauso gründlich prüfen wie die ausgehende“.

Levys und Wolfes Tweets wurden gegeneinander ausgespielt und Wolfe wurde unter anderem dafür kritisiert, für den Demokraten Biden „mit Pom Poms“ zu „winken“.

Ähnlich viel Kritik wie der Tweet der mittlerweile gefeuerten Journalistin hat auch ihre Entlassung hervorgerufen. Freunde und Kolleginnen starteten eine Petition, in der sie schreiben, dass der „rechte“ TV-Sender Fox News sie „verfolgt“ habe, indem er ihren Tweet als „Verrat“ gegenüber der journalistischen Objektivität bezeichnete. Die New York Times habe „nachgegeben“ und sie „fallen gelassen“.

In einer Erklärung bestritt eine Sprecherin der Zeitung diese Version der Ereignisse: “Auf Twitter kursieren viele ungenaue Informationen. Aus Datenschutzgründen gehen wir nicht auf Personalangelegenheiten ein, aber wir können sagen, dass wir die Beschäftigung einer Person nicht über einen einzigen Tweet beendet haben.”

Debatte über Objektivität

Abgesehen vom persönlichen Schicksal von Wolfe, die inmitten einer Pandemie arbeitslos wurde und damit auch ihre sozialen Absicherungen verliert, hat der Fall ihrer Entlassung auch eine Debatte darüber losgetreten, wie unabhängig und objektiv Journalisten – insbesondere in den USA – berichten können und müssen. Dass dieser Vorwurf gerade vom Sender Fox News kommt, der in den vergangenen Jahren als sehr Trump-freundlich bekannt war, mutet für so manchen wohl paradox an.

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