Todesfall bringt EU-Grenzschutz ins Zwielicht

Todesfall bringt EU-Grenzschutz ins Zwielicht
Die sechsjährige Tochter einer afghanischen Familie soll bei einem sogenannten Push-Back ums Leben gekommen sein - eine Rückschiebung von Kroatien nach Serbien ohne die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen, soll tödlich geendet haben. Viel spricht dafür, dass das EU-Land Kroatien rechtsstaatliche und menschenrechtliche Standards verletzt hat.

Ein sechsjähriges Mädchen ist am 21. November in der serbisch-kroatischen Grenze gestorben. Laut der Familie des verstorbenen afghanischen Mädchens namens Madina soll die kroatische Grenzpolizei dafür entscheidende Mitverantwortung tragen, denn die Minderjährige und einige ihrer Angehörigen seien nachts bereits auf kroatischem und damit EU-Gebiet von Grenzpolizisten wieder Richtung Serbien geschickt worden. Dort sei das Mädchen von einem Frachtzug erfasst worden und später seinen Verletzungen erlegen. Dies berichtet das Nachrichtenmagazin profil, das den dramatischen Fall vor Ort recherchierte.

Der Todesfall liefert Indizien für die undurchsichtigen Praktiken an den Außengrenzen der Europäischen Union im Umgang mit Flüchtlingen. Immer noch stecken tausende Geflüchtete auf der Balkanroute fest - und gehen hohe Risiken ein, um doch noch illegal in die EU zu kommen. Flüchtlinge berichten übereinstimmend von sogenannten Push-Backs, bei denen Grenzgänger in das Land zurückgedrängt werden, aus dem sie gerade gekommen sind, ohne die Möglichkeit eingeräumt zu bekommen, einen Asylantrag zu stellen .

Der tragische Tod der sechsjährigen Madina rückt den Umgang der EU mit rechtsstaatlichen Standards ins Zwielicht: Einige der überlebenden Angehörigen - die Mutter, ein Bruder und eine Schwester - berichten im profil, sie seien zwar auf der kroatischen Seite der Außengrenze aufgegriffen worden. Die kroatischen Polizisten hätten ihnen aber befohlen, zu Fuß nach Serbien zurückzukehren - in der Dunkelheit.

Anwältin: Grenzpolizisten als Täter

Als der Frachtzug kommt, wird der Hinterkopf des Mädchens zertrümmert. Madina wird in ein kroatisches Krankenhaus gebracht, wo sie verstirbt, die Mutter wie die anderen Angehörigen nach Serbien abgeschoben. Die Familie wird mittlerweile von einer Anwältin vertreten und sieht sich als Opfer eines Verbrechens. Es hätten zumindest ein Asylantrag gestellt werden dürfen, die Personalia aufgenommen und für die Sicherheit der Kinder Sorge getragen werden müssen, sagt die Juristin. Das kroatische Innenministerium entgegnet in einer Stellungnahme, die Familie habe niemals kroatisches Staatsgebiet betreten. Ob die Staatsanwaltschaft in Kroatien Ermittlungen beginnen und Anklage erheben wird, ist unklar. Die Anwältin der Familie hat jedenfalls eine Klage eingebracht.

Besonders unmenschlich verlief nach Erzählung der Familie die Übergabe der sterblichen Überreste des Mächens von Kroatien an die Mutter. Die Afghanin ist mit ihrer Familie nun wieder im Flüchtlingslager Principovac im Westen Serbiens. Madina sei schlammverschmiert in einem blutgetränkten Leintuch in einem Sarg nach Serbien transportiert worden. Einen Totenschein habe die Mutter nicht bekommen. Für das muslimische Waschritual hätten ihr serbische Beamte vier Plastikflaschen mit Wasser in die Hand gedrückt.

Kommentare