Timoschenko tritt bei Wahl am 25. Mai an

Timoschenko ist zurück auf der politischen Bühne.
Parlamentspräsident Tschurtschinow zum Übergangs-Staatschef bestimmt. Schaulustige fahren zu verwaister Janukowitsch-Villa. Rätselraten um Aufenthaltsort von Janukowitsch.

In der Ukraine besetzten die Gegner des abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch am Wochenende wichtige Positionen: Eine Schlüsselrolle spielte die erst aus der Haft entlassene Julia Timoschenko. Ihr Vertrauter, der erst am Samstag gekürte neue Parlamentspräsident Alexander Turtschinow ist am Sonntag zum Übergangspräsidenten des Landes gewählt worden. Die Lage am Sonntag in Kiew war ruhig.

Bis Dienstag soll Regierung stehen

Nach dem Umbruch in der Ukraine mit der Absetzung von Präsident Viktor Janukowitsch hat das Parlament nun bis Dienstag Zeit zur Bildung einer neuen Regierung. "Ich rufe die Abgeordneten auf, sofort den Prozess zur Bildung einer neuen Parlamentsmehrheit und der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit zu beginnen", sagte Turtschinow. Die neue Regierung müsse bis Dienstag stehen. Als Termin für die Wahl eines neuen Präsidenten war am Samstag der 25. Mai festgelegt worden.

Präsidentin, nicht Regierungschefin

Julia Timoschenko hatte unmittelbar nach ihrer Freilassung angekündigt, bei der Präsidentenwahl anzutreten. Entgegen anders lautender Meldungen zuvor bewirbt sich die ukrainische Politikerin nicht um das Amt der Ministerpräsidentin.

Timoschenko war am Vortag nach rund zweieinhalb Jahren aus ihrer umstrittenen Haft entlassen worden. Die frühere Regierungschefin war 2011 in einem international kritisierten Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. In der Haft erlitt einen Bandscheibenvorfall und trat wiederholt aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen Hungerstreik.

Nur Stunden später hielt die erkrankte Politikerin eine emotionale Rede vor mehr als 100.000 Menschen auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew. Sie saß dabei im Rollstuhl. Timoschenko war bisher zweimal Ministerpräsidentin der Ex-Sowjetrepublik.

Janukowitsch-Villa in den Händen des Volkes

Timoschenko tritt bei Wahl am 25. Mai an

UKRAINE EU PROTEST
Timoschenko tritt bei Wahl am 25. Mai an

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Timoschenko tritt bei Wahl am 25. Mai an

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Wo sich der abgesetzte Staatschef Viktor Janukowitsch aufhält, war weiter unklar. Auch sein Vertreter im Parlament, Juri Miroschnitschenko, betonte, er wisse es nicht. Am Samstagabend soll sich Janukowitsch in Donezk aufgehalten haben und von der Grenzpolizei am Abflug nach Russland gehindert worden sein. Die Regierungsgegner hatten in der Nacht auf Samstag die Kontrolle in Kiew übernommen. Die Parlamentarier wollten später am Sonntag ein Verbot der bisher regierenden Partei der Regionen von Janukowitsch sowie der verbündeten Kommunisten diskutieren.

In Kiew war die Lage ruhig. Mit Patrouillen bewachte die Opposition weiter die Barrikaden am Maidan. Dort hatte Timoschenko am Vorabend an die Menschen appelliert, mit ihrem Kampf nicht nachzulassen. Erst Neuwahlen, die für den 25. Mai angesetzt sind, könnten den Machtwechsel abschließen.

Der neue Innenminister Arsen Awakow teilte mit, er habe interne Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen 30 Mitglieder seiner Behörde einleiten lassen. Dabei gehe es um ihre Rolle bei den blutigen Straßenkämpfen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern in Kiew, bei denen mindestens 82 Menschen getötet worden waren.

Russland legte Finanzhilfen vorerst auf Eis

Der Internationale Währungsfonds IWF zeigte sich bereit, das nahezu bankrotte Land zu unterstützen. "Wenn die ukrainischen Behörden sich an den IWF wenden, sei es mit der Bitte um Beratung, sei es wegen Diskussionen über finanzielle Hilfen, gekoppelt an Wirtschaftsreformen, stehen wir selbstverständlich bereit", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde in Sydney. Nötig seien aber legitimierte Gesprächspartner.

Auf frisches Geld aus Russland muss die Ukraine hingegen weiter warten. Der russische Finanzminister Anton Siluanow bekräftigte beim Treffen der G20-Finanzminister in Sydney einmal mehr, dass Moskau zunächst die Regierungsbildung abwarten wolle, bis es von Kremlchef Wladimir Putin zugesagte Milliardenhilfen weiter auszahle.

Janukowitsch hatte Ende November auf Druck Russlands ein historisches Abkommen mit der EU über engere Zusammenarbeit auf Eis gelegt - der Auslöser für die Proteste, die schließlich zu seinem Sturz führten.

Angesichts der Entwicklungen in der Ukraine hat die Hamburger Einzelhandelskette Tchibo eine geplante Werbekampagne mit den Klitschko-Brüdern gestoppt. "Aufgrund der erschütternden Bilder der vergangenen Woche halten wir eine Ausstrahlung für nicht angebracht", sagte Pressesprecher Arnd Liedtke der dpa und bestätigte damit einen Bericht des Berliner Tagesspiegel am Sonntag.

Vitali Klitschko hat als Oppositionsführer eine zentrale Rolle beim Sturz der Regierung von Viktor Janukowitsch gespielt. Er tritt nach Informationen der Zeitung zusammen mit seinem jüngeren Bruder Wladimir in einem bereits gedrehten Fernsehspot auf. Die Boxer würden darin für Fitnessprodukte von Tchibo werben.

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