"Tiefste Missbilligung" Zemans für Merkel-Rede zum Gedenktag

Angela Merkel und Milos Zeman im August 2016.
Für Empörung sorgte die Aussage, dass es für Vertreibung "weder eine moralische noch eine politische Rechtfertigung" gab.

Die Rede von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung in Berlin ist in Tschechien auf scharfe Kritik gestoßen. "Tiefste Missbilligung", sagte Präsident Milos Zeman seinem Sprecher zufolge am Mittwoch.

Für Empörung im Nachbarland sorgte die Aussage Merkels, dass es für Vertreibung "weder eine moralische noch eine politische Rechtfertigung" gab. Freilich hatte die CDU-Politikerin unmittelbar zuvor betont, Vertreibung und Flucht der Deutschen seien eine unmittelbare Folge des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs und der unsäglichen Verbrechen der NS-Diktatur gewesen.

"Tiefste Missbilligung" Zemans für Merkel-Rede zum Gedenktag

Der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis verurteilte Merkels Aussagen dennoch als "absolut inakzeptabel". "Es ist sehr unglücklich, dass alte Wunden aufgerissen werden", sagte der 63-Jährige bei einem Besuch in (Olmütz) dem tschechischen Rundfunk. Er erinnerte an Kriegsverbrechen wie die Auslöschung der Dörfer Lidice und Lezaky durch die nationalsozialistischen Besatzer im Juni 1942.

Merkel und das "Wesen der tschechisch-deutschen Erklärung"

Das Prager Außenministerium reagierte zurückhaltender. Merkels Aussage stamme aus ihrer Rede auf einer Veranstaltung zum Thema der Flucht und Vertreibung. In diesem Kontext müsse man sie auch wahrnehmen. Merkel stelle keinesfalls "das Wesen der tschechisch-deutschen Erklärung von 1997 in Frage". "Die moralische Einschätzung der historischen Fakten ist das Recht jedes Einzelnen, und damit auch der (deutschen) Bundeskanzlerin", so das tschechische Außenministerium laut der Nachrichtenagentur CTK.

Deutschland und Tschechien hatten 1997 erklärt, dass sie "ihre Beziehungen nicht mit aus der Vergangenheit herrührenden politischen und rechtlichen Fragen belasten werden". Die Wehrmacht war im März 1939 in Prag einmarschiert. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren knapp drei Millionen sogenannte Sudetendeutsche aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben worden und vorwiegend nach Deutschland und Österreich geflüchtet.

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