"Es gibt eine ernsthafte Bedrohung"

epa00882097 Nadia Abdel-Aziz al-Sakkaf, editor-in-chief of the newspaper Yemen Times, has been awarded the Jubran Tueini Award, a new prize from the World Association of Newspapers to honour an editor or publisher from the Arab region in Beirut on Sunday, 10 December 2006. Nadia Abdel-Aziz al-Sakkaf, who is the first woman ever to be appointed an editor in Yemen, received the award Sunday during the opening ceremony of the 'Media In Danger - Press Under Siege' conference. The opening meeting was allocated to a special honour to Jubran Tueni, publisher of "Al-Nahar" newspaper, who was assassinated on 12 December 2005. EPA/NABIL MOUNZER
Die Chefredakteurin der Yemen Times sprach mit dem KURIER über politischen Fortschritt und die El Kaida.

Gibt es im Jemen Anzeichen erhöhter Gefahr, hat sich die Situation in den letzten Tagen verändert?

Nadia Al-Sakkaf: Wir haben derzeit die Feiertage des Fastenbrechens, da sind ohnehin die meisten Büros geschlossen und der Verkehr sehr ruhig. Viele Leute sind zu Verwandten oder ins Ausland gefahren, schon bevor die Nachrichten über eine erhöhte Gefahr und die Botschaftsschließungen kamen. In Sanaa wurden aber jetzt weite strengere Sicherheitsmaßnahmen als sonst ergriffen, in den Hauptstraßen und rund um die Diplomaten-Viertel. Es gibt viele Sicherheitsleute, nicht von der Armee, sondern von der Polizei.

Rolle der El Kaida im Jemen?

Ich glaube, die El Kaida ist interessiert am Jemen wegen zwei Vorgängen: Der Drohnenkrieg, den der Jemen und die USA in Kooperation führen, und die Demokratisierung. Der Jemen geht den Weg in die Demokratie und in die Moderne. Damit sind sie nicht glücklich. Sie wollen die Scharia, den islamischen Staat, so wie sie ihn sehen. Der Jemen ist ohnehin muslimisch, aber nicht wie die El Kaida es versteht. Und wir bewegen uns in die Demokratie. Hinzu kommen die Drohnen, die in manchen Gebieten des Südjemen runtergehen.

Ist die El Kaida im Jemen dabei, stärker zu werden?

Nein, im Gegenteil, sie fühlen sich bedroht. Sie ziehen nicht mehr so viele Leute wie früher an. Im Land gibt es nun Hoffnung, die von anderswo als der El Kaida kommt. Als der Jemen im Chaos versank, während unserer Krise, sprach die El Kaida die Armen und Hungrigen an. Nun gibt es eine Alternative: den neuen Jemen. Der politische Prozess dorthin geht sehr schnell. Die Leute bewegen sich weg von der El Kaida. Ob das in anderen Ländern auch so ist, kann ich nicht beantworten.

Was sagen Sie zu den Warnungen der USA (Reisewarnung, Botschaftsschließungen)?

Das rührt von den Geheimdiensten und ihren Informationen her. Wir alle hören ständig Gerüchte oder sehen Seiten mit Drohungen im Internet. Wenn die USA normalerweise Botschaften schließen oder ähnliches, andere Staaten ziehen da aber nicht mit, meint man manchmal, die USA übertreiben. Jetzt aber haben alle Panik, nicht nur im Jemen, auch in anderen Ländern werden Maßnahmen getroffen. Ich glaube, das ist eine ernsthafte Angst, und gerechtfertigt. Denn sie haben die Information. Wenn so viele Staaten Botschaften schließen, dann gibt es eine ernsthafte Bedrohung.

Warum heißt es, die Botschaften werden bis Ende des Ramadan geschlossen?

Ich denke, das hat wenig mit dem Ramadan zu tun. Wir haben unsere Konferenz des Nationalen Dialogs im Jemen. Hier kommen politische und gesellschaftliche Führungsfiguren zusammen. Diese haben sechs Monate lang zusammengearbeitet, um eine neue Verfassung zu schaffen. Damit sind wir fast fertig, am 18. August haben wir die letzte Sitzung. Dann gibt es ein Referendum. Für Extremisten ist jetzt die letzte Chance, diesen Prozess zu stoppen. Dass es die Zeit des Ramadan ist, ist Zufall.

Gab es Veränderung im Umgang mit El Kaida, seit die neue Regierung im Amt ist?

Die Regierung ist eigentlich nicht neu, es gibt sie seit 2011. Und sie ist nicht mehr lange im Amt, nur mehr bis Februar 2014. Sie ist eine Übergangsregierung. Sie soll den Staat aufrechterhalten, bis wir unsere neue Verfassung haben. Aber Präsident Hadi hat den Umgang mit El Kaida verändert: Es gibt eine starke Politik gegen Extremisten, bei der er auch mit den USA und anderen Ländern zusammenarbeitet.

Die USA haben einem Fernsehbericht zufolge die erste Anklage im Zusammenhang mit dem tödlichen Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Benghazi (Bengasi) erhoben. Gegen den Gründer und Führer der libyschen islamistischen Terrorgruppe Ansar al-Sharia, Ahmed Abu Khattalah, gebe es eine geheime Anklageschrift, berichtete der TV-Sender CNN am Dienstag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Informanten. Khattalah soll persönlich am Anschlag auf die US-Einrichtung beteiligt gewesen sein. Das Justizministerium und die Bundespolizei FBI äußerten sich zunächst nicht.

Bei dem Angriff am 11. September 2012 kamen der US-Botschafter Christopher Stevens und drei weitere Diplomaten ums Leben. Erst Tage später stufte die US-Regierung den Zwischenfall als Terrorattacke ein. Als Auslöser galt zunächst eine spontane Demonstration wütender Muslime gegen ein in den USA produziertes islamfeindliches Video.

Die damalige UN-Botschafterin Susan Rice geriet unter heftige Kritik und musste auf den Posten des US-Außenministers verzichten. Die Opposition warf ihr vor, die Öffentlichkeit zunächst falsch informiert und den Terrorakt heruntergespielt zu haben. Die Republikaner und mehrere Kritiker warfen US-Präsident Barack Obama vor, nicht genug zur Klärung der Attacke zu unternehmen.

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