Frankreich gedenkt der Opfer: Bataclan öffnet wieder

Polizei vor dem Bataclan
Die Anschläge von Paris mit 130 Todesopfern vor einem Jahr sind noch lange nicht verdaut. Sting eröffnet den Club mit einem Konzert.

Ein Jahr nach der islamistischen Anschlagsserie von Paris gedenkt Frankreich der Opfer: Die meisten Opfer hat es im Pariser Club Bataclan gegeben. Mit einem Konzert des britischen Rockmusikers Sting wird am Samstagabend die Konzerthalle wiedereröffnet. Die Attentäter töteten dort am 13. November vergangenen Jahres 90 Menschen.

Insgesamt starben bei der Anschlagsserie 130 Menschen, rund 400 weitere wurden verletzt. Frankreichs Regierungschef Manuel Valls rief die Europäer zu verstärkten Sicherheitsanstrengungen auf.

Überlebende und Angehörige bei Konzert

Das Sting-Konzert, das binnen 30 Minuten ausverkauft war, wird von mehreren Fernsehsendern aufgezeichnet und von TV5 Monde auf allen fünf Kontinenten ausgestrahlt. 1500 Zuschauer fasst der traditionsreiche Saal, in dem Sting zuletzt 1979 mit seiner damaligen Band "Police" aufgetreten war. Ein Teil der Plätze ist für Überlebende und Angehörige der Opfer reserviert.

Sting hatte zur Ankündigung seines Auftritts auf seiner Website erklärt, das Konzert solle "diejenigen ehren, die bei dem Anschlag im vergangenen Jahr ihr Leben verloren haben, und die Musik und das Leben feiern, für die dieser legendäre Konzertsaal steht". "Wir werden sie (die Opfer) nie vergessen." Die Einnahmen sollen an zwei Vereine gehen, die sich für Opfer und Hinterbliebene einsetzen.

Gedenkmesse in Notre Dame am Sonntag

Am Sonntag, dem Jahrestag, wollen Frankreichs Staatschef Francois Hollande und die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo alle sechs Anschlagsort aufsuchen: das Stade de France, vor dessen Toren die Anschlagsserie während des Fußballfreundschaftsspiels zwischen Frankreich und Deutschland begann, ein Restaurant sowie drei Bars und das Bataclan. Jedesmal soll eine Gedenktafel enthüllt werden. Der Erzbischof von Paris, Kardinal André Vingt-Trois, liest am Sonntag in der Kathedrale Notre Dame eine Gedenkmesse.

Valls: Europäer müssen mehr Verantwortung übernehmen

Valls rief die Europäer in einem Zeitungsbeitrag auf, angesichts der Bedrohung durch den "islamistischen Terrorismus" zusammenzuhalten und ihre Anstrengungen für die eigene Sicherheit zu verstärken. In dem am Samstag veröffentlichten Gastbeitrag in mehreren großen europäischen Tageszeitungen schreibt Valls, der "islamistische Terrorismus" werde Europa erneut treffen, aber letztlich würden die Europäer "siegen".

"Angesichts dessen müssen wir Europäer noch mehr Verantwortung übernehmen, um unsere Sicherheit zu gewährleisten. Und dies umso mehr, als die Vereinigten Staaten sich immer mehr aus dem Weltgeschehen zurückziehen. Europa kann sich nicht länger seinen Pflichten entziehen und sich hinter seinem amerikanischen Verbündeten verstecken," schrieb Valls unter anderem in der Zeitung Die Welt. Die EU müsse ihre Außengrenzen besser schützen. "Außerdem muss jedes Land seinen Verteidigungsaufwand erhöhen, indem es ihm mindestens zwei Prozent seines BIP widmet."

"Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an die 130 Opfer des 13. November denke.“

Zugleich wandte der Premier sich an die Familien der Anschlagsopfer: "Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an die 130 Opfer des 13. November denke, an die hunderten Verletzten, an alle weiteren Opfer des Terrorismus, an ihre Familien."

Attentäter radikalisierte sich im Gefängnis

Der mutmaßliche Paris-Attentäter Salah Abdeslam hat sich nach Angaben seines ehemaligen Verteidigers Sven Mary im Gefängnis weiter radikalisiert. "Er trägt einen Bart, er ist ein richtiger Fundamentalist geworden, während er zuvor nur ein Straßenjunge mit Nike-Turnschuhen war", sagte Mary der niederländischen Zeitung De Volkskrant.

Abdeslam gilt als der einzige überlebende Attentäter vom 13. November und soll bei der Anschlagsserie eine zentrale Rolle gespielt haben. Bisher verweigert der 27-Jährige jede Aussage zum Geschehen.

Frankreich gedenkt der Opfer: Bataclan öffnet wieder
(FILES) This file photo taken early on November 14, 2015 shows Police forces, firefighters and rescue workers secure the area near the Bataclan concert hall in central Paris, following a series of coordinated attacks in and around Paris late on November 13, 2015. On November 13, 2016 France will mark the first anniversary of coordinated jihadist attacks in Paris that left 130 people dead. / AFP PHOTO / FRANCOIS GUILLOT

Das Fußball-Freundschaftsspiel Frankreich gegen Deutschland im Stade de France ist gerade 15 Minuten alt, da hören die Spieler und die 79.000 Zuschauer erst einen, dann noch einen lauten Knall von außerhalb des Stadions: Selbstmordattentäter, die vergeblich versucht hatten, ins Stadion zu gelangen, hatten sich in die Luft gesprengt. Fast zeitgleich fallen im 10. Pariser Arrondissement die ersten Schüsse – Attentäter erschießen Gäste der Bar "Le Carillon" und des Restaurants "Le Petit Cambodge", später auch des "La Belle Equipe". Kaum 15 Minuten später dringen schwer bewaffnete Männer in den nahen Konzertclub "Bataclan" ein und schießen zunächst wahllos in die Zuschauermenge, ehe sie die Überlebenden als Geiseln nehmen. Es spielen sich dramatische Fluchtszenen ab, nach Mitternacht stürmt die Polizei das "Bataclan". Zwei Attentäter werden erschossen, ein dritter sprengt sich in die Luft. Im Konzertsaal gibt es mehr als 90 Todesopfer, insgesamt sterben in der Terrornacht mehr als 130 Menschen, 500 werden verletzt.

Zu den Anschlägen bekennt sich die Terrormiliz des sogenannten Islamische Staates. Einer der Drahtzieher, Salah Abdeslam, wird später in Belgien geschnappt und nach Frankreich ausgeliefert. Einen weiteren Hintermann wollen die Ermittler dieser Tage in Syrien ausgemacht haben: Abu Ahmad, ein Belgier mit marokkanischen Wurzeln, soll die Anschläge koordiniert haben.

Seit der Schreckensnacht in Paris wurde Frankreich noch mehrfach von islamistischem Terror heimgesucht, unter anderem durch einen Amokfahrer am Nationalfeiertag in Nizza (84 Tote) oder durch die Ermordung eines Priesters durch zwei Islamisten in einer Kirche in der Normandie. In beiden Fällen wurden die Täter erschossen.

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