Barcelona: Richter stoppte Abschiebung von Imam

Barcelona: Richter stoppte Abschiebung von Imam
Spanische Justiz machte schweren Fehler im Umgang mit mutmaßlichem Attentatsplaner. Ermittler weiten indes Fahndung nach einem Geständnis aus.

Die spanische Justiz hat einen schweren Fehler im Umgang mit dem mutmaßlichen Kopf der Terrorzelle in Katalonien eingeräumt. Ein Richter habe die Abschiebung von Imam Abdelbaki Es Satty im März 2015 gestoppt, erklärten die Behörden am Mittwoch. Er habe damals befunden, der Imam stelle keine "ausreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung" dar.

Der aus Marokko stammende Es Satty habe zum Zeitpunkt seiner geplanten Abschiebung eine vierjährige Haftstrafe wegen Drogenhandels verbüßt, hieß es. Der zuständige Richter habe jedoch geurteilt, der Imam sei "um eine Integration in die spanische Gesellschaft" bemüht.

Drahtzieher

Es Satty gilt als Drahtzieher hinter den Anschlägen in Katalonien mit 15 Toten und mehr als 120 Verletzten. Am Dienstag hatten nach Justizangaben zwei der festgenommenen Terrorverdächtigen in einer Gerichtsanhörung ausgesagt, der Imam habe hinter den Anschlagsplänen gesteckt und habe sich als Selbstmordattentäter in die Luft sprengen wollen.

Nach dem Imam wurde in der Folge der Anschläge tagelang gefahndet. Nach letzten Erkenntnissen der Ermittler kam er kurz vor den Attentaten bei einer Sprengstoff-Explosion in einem Haus in Alcanar ums Leben.

Barcelona: Richter stoppte Abschiebung von Imam
A man prays at a mosque where imam Abdelbaki Es Satty preached in Ripoll, north of Barcelona, Spain, August 19, 2017. REUTERS/Susana Vera

Geständnis und Fahndung nach weiteren Mitwissern

Nach dem Geständnis eines der Terrorverdächtigen von Barcelona fahndete die Polizei am Mittwoch weiter nach Mitwissern. Beamte starteten laut Polizeiangaben in der Nacht mehrere Razzien, um ein mögliches Unterstützer-Netzwerk der Terrorzelle ausfindig zu machen. Die Ermittler gingen auch Spuren ins Ausland nach.

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Mohamed Houli Chemlal, suspected of involvement in the terror cell that carried out twin attacks in Spain, is escorded by Spanish Civil Guards from a detention center in Tres Cantos, near Madrid, on August 22, 2017 before being tranferred to the. National Court Under heavy security, police vans entered the National Court, which deals with terrorism cases, where a judge will question them and decide what -- if any -- charges to press against them over the vehicle attacks that left 15 dead and 120 injured. / AFP PHOTO / STRINGER
Bei einer ersten Anhörung der vier überlebenden Verdächtigen waren am Dienstag wichtige Details der Anschlagsplanung bekannt geworden. Der Terrorverdächtige Mohamed Houli Chemlal hatte am Dienstag vor einem Richter in Madrid gestanden, dass die Gruppe Bombenanschläge "größeren Ausmaßes" auf Sehenswürdigkeiten in Barcelona geplant habe.

Sagrada Famila wird besser bewacht

Barcelona: Richter stoppte Abschiebung von Imam
TOPSHOT - A police officer stands by the Sagrada Familia basilica in Barcelona on August 20, 2017, before a mass to commemorate victims of two devastating terror attacks in Barcelona and Cambrils. A grief-stricken Barcelona prepared today to commemorate victims of two devastating terror attacks at a mass in the city's Sagrada Familia church. As investigators scrambled to piece together the attacks which killed 14 people in all, Interior Minister Juan Ignacio Zoido said on August 19 the cell behind the carnage that also injured 120 and plunged the country into shock had been "dismantled," though local authorities took a more cautious tone. / AFP PHOTO / PASCAL GUYOT
Katalonien kündigte am Mittwoch schärfere Sicherheitsvorkehrungen unter anderem an der Kirche Sagrada Familia in Barcelona an. Gegen Chemlal und den Verdächtigen Driss Oukabir wurde Haftbefehl erlassen. Ein weiterer Verdächtiger kam unter Auflagen frei. Den Fall des vierten Verdächtigen wollte der Richter weiter prüfen.

Aus Unterlagen des Madrider Gerichts wurde ersichtlich, dass die Terrorzelle zunächst einen Bombenanschlag geplant hatte. Im Unterschlupf der Gruppe in Alcanar wurden demnach mindestens 500 Liter Aceton, große Mengen Nägel und Zünder und etliche Gasflaschen gefunden. Aus diesen Materialien lässt sich der Sprengstoff TATP herstellen, der häufig von der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) eingesetzt wird.

Plan B

Nach der versehentlichen Explosion habe die Gruppe laut Aussage vom Dienstag einen Plan B in Kraft gesetzt - ein Autoanschlag anstelle eines Bombenattentats. Sie habe einen Kleintransporter gemietet, den geplanten Anschlag aber zunächst nicht ausführen können, weil sie umgehend in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sei. Erst mit dem zweiten gemieteten Fahrzeug sei dann der tödliche Anschlag auf Barcelonas Flaniermeile Las Ramblas verübt worden.

Spuren in andere Länder

Die Ermittler verfolgten auch Spuren nach Frankreich, Belgien, in die Schweiz und nach Marokko, woher die meisten Mitglieder der Terrorzelle stammten. Spanische Medienberichte, wonach es in Marokko im Zusammenhang mit den Anschlägen Festnahmen gegeben habe, wollten die dortigen Behörden gegenüber AFP nicht bestätigen.

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