Julieth Cornelius Barnaba arbeitet in einem kleinen Hotel mitten in Arusha, in dem hauptsächlich Geschäftsreisende aus den Nachbarländern absteigen. Das Hotel ist aktuell zur Hälfte belegt. „Die Armut ist gestiegen. Angebettelt wirst du mittlerweile auch, wenn du nicht weiß bist“, erzählt sie.
Das Hotel war mehrere Monate lang geschlossen, Kurzarbeit und Corona-Hilfen existieren in Tansania nicht. 250.000 Tansanianische Schilling netto verdient die Alleinerziehende im Monat, das sind 90 Euro. Fünf Bananen am Markt kosten etwa 18 Cent, ein gutes Essen im Restaurant fünf Euro.
Barnaba arbeitet zehn Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Einmal im Jahr geht sich eine Woche Urlaub aus.
Gebete statt Medikamente
Die Abhängigkeit vom Tourismus verschärfte in den vergangenen eineinhalb Jahren die Armut im Land, auch wenn Tansania lange Zeit als „corona-freies“ Urlaubsparadies galt – das versprach zumindest Ex-Präsident John Magufuli: Er präsentierte positive Corona-Tests bei Papayas und Ziegen und rief zu Gebeten und Dampfkuren statt Medikamenten auf. Bis er Mitte März – Gerüchten zufolge – selbst dem Virus zum Opfer fiel. Herzstillstand lautet die offizielle Todesursache. Auf den Straßen Arushas redet man ungern darüber.
„Tinga“, „Traktor“, wurde Magufuli genannt: Hart ging er gegen Korruption und Geldverschwendung vor und sorgte für wirtschaftlichen Aufschwung. Wegen seines autoritären Führungsstils stand er vor allem international in Kritik. Schwangeren Schülerinnen verbot er, am Unterricht teilzunehmen, zugleich sprach er sich gegen Verhütungsmittel aus.
In Magufulis Fußstapfen
Seine Nachfolgerin will das ändern, sie trägt den Spitznamen „Mama Samia“: Samia Suluhu Hassan ist die erste weibliche Präsidentin Ostafrikas. In den ersten Monaten herrschte Hoffnung, es würde sich eine politische Wende abzeichnen: „Economy first“, lautete ihr Credo. Ausländische Investoren, vor allem Blumenfirmen aus den Niederlanden und Baukonzerne aus China, sollten Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum bringen.
Und auch, was die Corona-Politik betrifft, änderte die wirtschaftsliberale 64-Jährige den nationalen Kurs: Mitte Juni meldete Hassan das Land bei der globalen Covax-Initiative an, vor Kurzem kamen eine Million Impfdosen an. Medienöffentlich ließ sich Hassan den Stich setzen.
Auf den Straßen Arushas sieht man vom Kurswechsel noch wenig. Die Skepsis gegenüber den Impfstoffen aus dem globalen Norden ist geblieben: Mark Watoto ist Arzt im Shree Hindu Union Charitable Hospital, der 72-Jährige achtet auf Sport, vegetarische Ernährung und altbewährte Hausmittel wie Ingwertee. „Ich glaube nicht, dass ich eine Impfung brauche. Ich komme mit so vielen Menschen zusammen, entweder ich hatte es schon, oder ich bin immun“, meint er im Gespräch. Eine Maske trägt er dabei keine.
Nicht alles sei schlecht gewesen unter Magufuli, betont der Arzt, „er hat uns die Angst genommen vor der Krankheit. Auch Angst tötet.“ Selbiges gilt allerdings auch für Gerüchte und Falschinformationen. Und davon kursieren einige auf den Straßen Arushas.
Doch kein Kurswechsel?
Möglicherweise scheint die Prophezeiung eines Kurswechsels zu früh – nicht nur, was Corona angeht: Gegenüber ihren oppositionellen Gegnern scheint Hassan des Weg des „Traktors“ zu verfolgen: So soll sie die Festnahme der gesamten Führungsebene der größten Oppositionspartei veranlasst haben. Begründet wurde die Festnahme mit einem Versammlungsverbot aufgrund der Corona-Maßnahmen, die Oppositionspartei Chadema ortet eine Fortführung des autoritären Weges Magufulis.
Auf den Straßen Arushas wird dazu geschwiegen und weitergelebt.
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