Tahrir-Platz: Sexuelle Gewalt häuft sich
So haben sich die Frauen Ägyptens ihre Revolution nicht vorgestellt: Hunderte Männer stürzen sich auf eine Frau, separieren sie von ihren Begleitern, schreien, reißen ihr die Kleider vom Leib. Sie "kratzten und quetschten meine Brüste und schoben ihre Finger auf alle erdenklichen Wege in meinen Körper. Ich dachte nur, das war es jetzt, so werde ich sterben."
Die britische Journalistin und Bloggerin Natasha Smith, die für eine Dokumentation nach Kairo reiste, weiß aus bitterer Erfahrung, dass der Tahrir-Platz für Frauen inzwischen Gefahr bedeutet. Smith wollte im Juni den Feiern für Ägyptens frisch gewählten Präsidenten, für den Muslimbruder Mohammed Mursi, beiwohnen und wurde von einer aggressiven Hundertschaft an fremden Männern auf dem Tahrir-Platz überwältigt. Ein Begleiter zog sie schließlich in ein Zelt, aus dem sie entkommen konnte. Später erfuhr sie, die Angreifer hätten sie für eine Spionin gehalten.
Immer öfter kommt es zu sexuellen Übergriffen gegen jene Frauen, die die ägyptische Revolution mitgetragen haben. Dabei ist egal, ob die Opfer westlich oder arabisch gekleidet sind, ob sie blondes Haar haben oder Kopftuch tragen.
Die Revolutionärinnen organisieren sich gegen die feindliche Stimmung auf dem Platz und rufen zu Demonstrationen gegen sexuelle Gewalt auf. Doch ohne Vorsichtsmaßnahmen gehen sie nicht mehr los: Oft müssen Dutzende Aufpasser mitkommen, die gegen den Mob einen Schutzring bilden.
Smith war eine der Ersten, die über sexuelle Gewalt am Tahrir-Platz, dem einstigen Symbol der gemeinsamen Revolution, berichtete. Inzwischen häufen sich auch in ägyptischen Medien die Meldungen. Die Dunkelziffer dürfte aber höher sein. Die in Kairo lebende Kim Kovalsky schreibt auf der Plattform The Intelligence, dass die Stimmung seit der Revolution gekippt ist, Frauen würden wie "Frischfleisch" behandelt. "Wie das in Zukunft unter einem islamistischen Präsidenten Mursi sein wird, bleibt abzuwarten". Sicher scheint, dass die Frauen es nicht leichter haben werden.
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