Das reduzierte Assad-Reich

Das reduzierte Assad-Reich
Verhaftung von Sohn eines Cousins von Assad wirft ein Licht auf Zustand des Staates.

Es war ein Vorfall im Straßenverkehr, der in den vergangenen Tagen zu Massendemonstrationen und jetzt zu einer einigermaßen ungewöhnlichen Verhaftung geführt hat. In einer knappen Meldung der staatlichen Agentur Sanaa hieß es: "Suleiman Hilal al-Assad wurde festgenommen und den zuständigen Behörden übergeben." Die Besonderheit daran: Suleiman Hilal al-Assad ist ein enger Verwandter von Präsident Baschar al-Assad, Sohn seines im vergangenen Jahr getöteten Cousins, und Kommandant einer Schabiha-Miliz. Das sind Regime-Einheiten fürs ganz Grobe, eine Mischung aus kriminellen Banden und bewaffneten Schlägertrupps – die immer mehr zur Stütze des Regimes werden.

Und der Vorfall im Straßenverkehr? Suleiman Hilal al-Assad hatte einen Luftwaffenoberst erschossen, weil ihn dieser in einem Stau überholt hatte. Abgespielt hatte sich das alles in der Regime-Hochburg Latakia. In der Folge kam es zu Demos, bei denen gefordert wurde, der Täter solle zum Tod verurteilt werden. Schon zuvor hatte der Clan-Spross (er ist 18 oder 19 Jahre alt) Ärger erregt – etwa weil er mit seinem Jeep amerikanischer Bauart über einen Strand voller Badegäste gebrettert war.

Das reduzierte Assad-Reich

Die jetzigen Demos gegen ihn und seine Verhaftung werfen ein Licht auf die Umtriebe bestens vernetzter Banden und Milizen, die einen Staat im (nicht mehr existierenden) syrischen Staat gebildet haben. Und sie werfen ein Licht auf den Umstand, dass auch im alawitischen Kernland (Baschar al-Assad ist Alawit) die Geduld mit Assad und seinem Clan enden wollend ist – auch, wenn bei den Protesten nach dem Mord kein Ruf nach dem Sturz des Präsidenten laut wurde. Klar ist: Assad kann kaum etwas weniger brauchen als Instabilität in genau dieser Region.

Bisher hat der Krieg das Gebiet an der Küste nur peripher berührt. Von den Schlachtfeldern des Krieges – und das sind unüberschaubar viele – trennt das Küstengebiet aber nur ein Bergkamm. Und zuletzt beschränkten sich die Aktivitäten der syrischen Armee eher darauf, Gebiet hinter diesem Bergkamm zu halten als zu gewinnen – bis auf Ausnahmen im Nordosten des Landes und an der Grenze zum Libanon.

Schutz der Restregion

Der Krieg ist völlig festgefahren. Kein Lager, ob Armee, "Islamischer Staat", Freie Syrische Armee (FSA), die kurdischen YPG-Einheiten oder der El-Kaida-Ableger Al-Nusra-Front, hat die Stärke, sich durchzusetzen – das bedeutet aber auch, dass keine Seite die Stärke oder gar das Mandat hat, einen Waffenstillstand zu verhandeln oder gar zu sichern. In diesem fragmentierten Wahnsinn versuchen alle Gruppen letztlich in wechselnden Allianzen, die aus dem Nichts in erbitterte Feindschaften umschwenken können, Eigeninteressen zu verfolgen.

Was sich dabei vor allem abzeichnet ist, dass die Armee (sie besteht zu einem großen Teil nur noch aus alawitischen Getreuen) Syrien in seinen völkerrechtlich anerkannten Grenzen praktisch aufgegeben hat. Ihr Fokus liegt auf dem Schutz der Küstengebiete und der Region um Damaskus – sowie der Verbindungsstraße zwischen den beiden Zonen, für den Fall, dass Damaskus fällt. Genauso verhält es sich mit Assads Verbündeten. Vor allem die schiitische, vom Iran unterstützte und eigentlich im Libanon ansässige Hisbollah – zeitweise war sie in ganz Syrien aktiv – war zuletzt vor allem im Grenzgebiet zum Libanon im Einsatz. Aus sehr vitalem Eigeninteresse, verlaufen dort doch ihre Nachschubrouten. Und der Iran? Der soll zuletzt einige Tausend Kämpfer in die Region um Latakia entsandt haben, um die Region vor der hinter den Bergen vorrückenden Al-Nusra-Front zu schützen.

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