UN-Sicherheitsrat verabschiedet Resolution

Entscheidet sich für eine Syrien-Resolution: der UN-Sicherheitsrat in New York.
Die UN-Vetomächte einigten sich im Vorfeld auf eine Resolution zur Chemiewaffen-Vernichtung – ein Kompromiss.

Den USA, Großbritannien und Frankreich wäre mehr durchaus recht gewesen – Russland hätte sich mit weniger auch zufrieden gegeben. Und so brachte es der britische Botschafter bei der UNO auf den Punkt: Es ist ein „Kompromiss“, auf den sich die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat (China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) in Sachen Syrien geeinigt haben. Eine historische Einigung nach zwei Jahren Krieg, mehr als 100.000 Toten, Millionen Flüchtlingen und drei bereits gescheiterten Resolutionen.

Die Einigung ist die erste im UN-Sicherheitsrat zu diesem Krieg. Das mächtigste UN-Gremium forderte das Regime in Damaskus am Freitagabend (Ortszeit) einstimmig auf, alle Chemiewaffen herauszugeben und vernichten zu lassen. An dem Treffen nahmen unter anderem auch die Außenminister der fünf Veto-Mächte Russland, USA, China, Großbritannien und Frankreich teil.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, der während der Abstimmung ebenfalls dabei war, bezeichnete das Papier als "historische Resolution" und gratulierte den Mitgliedern des Sicherheitsrats.

Drohung mit der Drohung

Umstritten war bis zuletzt, in welcher Form die Resolution mögliche Strafmaßnahmen beinhalten soll. Der Kompromiss ist eine Drohung mit der Drohung. Kapitel VII der UN-Charta, in dem Sanktionen bis hin zu militärischem Einschreiten geregelt werden, wird erwähnt. Über den Beschluss solcher bei Nichteinhaltung müsste der Sicherheitsrat aber gesondert beraten. In diesem Punkt hat sich Russland durchgesetzt, das direkte Drohungen vehement ablehnte. Die Westmächte im Sicherheitsrat hätten dagegen gerne eine härtere Gangart gesehen.

In der Resolution wird Syriens Führung verpflichtet, Inspekteure der UNO und Experten der OPWC ins Land zu lassen (was laut OPWC schon am Dienstag geschehen könnte), ihre Sicherheit zu gewährleisten, ihre Empfehlungen umzusetzen und ihnen vollen Zugang zu C-Waffen-Arsenalen zu gewähren. Die Kooperationspflicht gilt für alle Konfliktparteien.

Vernichtung

Ziel ist es, alle C-Waffen innerhalb Syriens zu sichern, außer Landes zu bringen und zu vernichten. Ein Vorgang, der laut Washington Post weitaus weniger aufwendig ist als vermutet. Unter Berufung auf amerikanische und russische Regierungsstellen berichtet das Blatt, dass es sich bei einem Großteil des syrischen Giftgases nicht um fertige Waffen, sondern um flüssige Vorläuferstoffe handle, die rasch neutralisiert werden könnten. Laut der Einschätzung kommen die Experten zum Schluss, dass das gesamte syrische Arsenal binnen neun Monaten vernichtet werden könnte.

Zehn Tage nach Verabschiedung der Resolution sollen die UN-Experten Empfehlungen zu diesem Ziel abgeben. Die Experten sollen außerdem monatlich über Fortschritte Bericht erstatten.

In der Resolution wird zudem eine politische Lösung gefordert. Verwiesen wird auf die Resultate der Genfer Konferenz 2012, bei der die Schaffung einer Übergangsregierung beschlossen wurde. Eingemahnt wird eine Folgekonferenz und ein konstruktiver Beitrag dazu vonseiten aller Konfliktparteien.

Aber vor allem was Letzteres angeht, zeichnen sich Probleme ab. Hatte sich der Oppositions-Dachverband Syrische Nationale Koalition (SNC) schon bisher kaum auf eine Vertretung für eine solche Konferenz einigen können, so verliert die SNC innerhalb Syriens massiv an Boden. Am Mittwoch hatten sich 13 Rebellen-Brigaden von der SNC und ihrem bewaffneten Arm, der Freien Syrischen Armee (FSA), losgesagt. Am Freitag folgten weitere Gruppen. Besonders unangenehm ist das der SNC, da diese gerade bei der UN-Vollversammlung in New York um Anerkennung und Mittel kämpft. Der Vorsitzende der SNC, Ahmed al-Jarba, will jetzt baldigst in Aleppo Gespräche mit Anführern abtrünniger Brigaden führen.

Die an sich faden UN-Generalversammlungen erhielten heuer Würze. Am Rande wurde nun doch eine härtere Syrien-Resolution gezimmert, und der Schmusekurs der iranischen Mullahs zeigte auch in den USA Wirkung – Mitte Oktober soll über das iranische Atomprogramm neu verhandelt werden.

Zum Ersten: Der Text zwingt Damaskus zur Verschrottung seiner C-Waffen. Gut so. Sollte Machthaber Assad dabei aber tricksen, muss er nicht automatisch mit einem Militärschlag rechnen, dazu wäre eine neue Resolution notwendig. Also eine Drohung mit einer Drohung. Das syrische Regime gewinnt Zeit, und wie eine politische Lösung aussehen kann, weiß weiterhin niemand.

Und der Iran? Hier darf man optimistischer sein, da Teheran endlich die lästigen Sanktionen loswerden will und zu Kompromissen bereit sein könnte. Doch darauf setzte der Westen seit Jahren – bisher vergebens.

Resümee: Im Big Apple reiften einige Früchte der Diplomatie, sie könnten aber auch schnell zu faulen beginnen.

UN-Sicherheitsrat verabschiedet Resolution

Die ersten der von Österreich aufzunehmenden syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge treffen am Dienstag, 1. Oktober gegen 19.00 Uhr mit dem Flugzeug in Wien-Schwechat ein. Dies teilte das Innenministerium am Donnerstagnachmittag mit. Die Verschiebung von ursprünglich Montag auf Dienstag wurde mit organisatorischen Gründen erklärt.

Österreich hat am Donnerstag in einem Formalakt die völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Aufnahme von 500 syrischen Flüchtlingen an UNHCR und IOM übermittelt. Dies war nach österreichischem Recht noch in dieser Form notwendig, um den Flüchtlingen "Asyl von Amts wegen" gewähren zu können, hieß es seitens des Innenministeriums. Parallel dazu werden die detaillierten Verträge mit UNHCR und IOM finalisiert.

Diese ersten Aufnahmen konnten bereits fixiert werden. Kurzfristig werden 250 verfolgte syrische Christen werden in Zusammenarbeit mit der Kirche und IOM (Internationale Organisation für Migration) aufgenommen. Die mittelfristige Aufnahme von weiteren 250 Flüchtlingen wird in Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk erfolgen, hier erfolgt die "Transferabwicklung" mit der IOM.

Die aufgenommenen Flüchtlinge werden in Österreich Asyl von Amts wegen, das heißt einen dauerhaften Schutzstatus, erhalten. Die erforderliche völkerrechtliche Verpflichtung wurde von Außenminister Michael Spindelegger und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) unterzeichnet. Beide dankten den internationalen Organisationen für die "ausgezeichnete Kooperationsbereitschaft" gedankt. Innenministerin Mikl-Leitner erklärte weiters, "für die Menschen in und rund um Syrien wird ihre Lage immer dramatischer."

Ende August und Anfang September hatten vor allem Nichtregierungsorganisationen heftig kritisiert, dass christliche Flüchtlinge hätten bevorzugt werden sollen.

GIFTGASANGRIFFE ALS BEDROHUNG DES FRIEDENS

In dem Resolutionsentwurf stellt der Sicherheitsrat fest, dass der Einsatz von Chemiewaffen in Syrien eine "Bedrohung für internationalen Frieden und Sicherheit" darstellt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass der Sicherheitsrat zu einem späteren Zeitpunkt mögliche Strafmaßnahmen verhängen kann. Der Einsatz von Chemiewaffen wird in dem Entwurf als Verstoß gegen das Völkerrecht "auf das Schärfste" verurteilt, "insbesondere die Attacke am 21. August 2013".

KEINE NENNUNG VON VERANTWORTLICHEN

Der Sicherheitsrat drückt in der geplanten Resolution seine "starke Überzeugung" aus, dass die Verantwortlichen für die Giftgasangriffe zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Einen Schuldigen nennt der Text allerdings nicht. Die USA werfen den Truppen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad vor, bei der Attacke im August mehr als 1.400 Menschen getötet zu haben. Russland beschuldigt dagegen Kämpfer der Opposition.

CHEMIEWAFFENVERBOT IN SYRIEN

Der Sicherheitsrat soll entscheiden, dass die Arabische Republik Syrien - so der offizielle Name von Assads Staat - Chemiewaffen "nicht einsetzen, entwickeln, herstellen, anderweitig erwerben, lagern oder behalten" darf. Auch die Weitergabe dieser Waffen an staatliche oder nicht-staatliche Akteure ist Damaskus untersagt. Der Resolutionsentwurf betont zugleich, dass dieses Verbot für alle Parteien in Syrien gilt - also auch für die Rebellen.

KONTROLLE UND VERNICHTUNG DES GIFTGASARSENALS

Syrien wird in der geplanten Resolution verpflichtet, mit den Vereinten Nationen und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag "voll" zusammenzuarbeiten. Die syrische Führung muss eine Mission von OPCW und UNO ins Land lassen, für deren Sicherheit und "uneingeschränkten Zugang" sorgen sowie die "relevanten Empfehlungen" der Organisation erfüllen. Die Kooperationspflicht gilt dabei erneut für alle Konfliktparteien.

Ein Voraus-Team von UN-Mitarbeitern soll die Aktivitäten der OPCW-Experten unterstützen. Wie diese dann bei ihren tatsächlichen Inspektionen geschützt werden und ob dazu womöglich Blauhelme entsandt werden, muss noch festgelegt werden. Erst zehn Tage nach Verabschiedung der Resolution sollen Empfehlungen für die weitere Rolle der UNO bei der Zerstörung der syrischen Chemiewaffen vorgelegt werden.

VERWEIS AUF MÖGLICHE STRAFMAßNAHMEN

Der Resolutionsentwurf sieht vor, dass die OPCW binnen 30 Tagen und dann monatlich dem Sicherheitsrat Bericht über die Umsetzung des Plans erstattet. Bei Verstößen drohen aber keine automatischen Strafmaßnahmen. Der Sicherheitsrat muss dann erneut zusammenkommen und entscheiden, ob er Strafen nach Kapitel VII der UN-Charta verhängt. Das könnten wirtschaftliche Sanktionen oder sogar ein Militäreinsatz sein - Einzelheiten stehen in dem Text aber nicht.

POLITISCHE LÖSUNG FÜR BÜRGERKRIEG

Der Resolutionsentwurf bekräftigt die Ergebnisse der Syrien-Konferenz, die im Juni 2012 in Genf abgehalten wurde. Dazu gehört unter anderem die Schaffung einer Übergangsregierung. Außerdem fordert der Sicherheitsrat in dem Text, "so schnell wie möglich" eine Folgekonferenz abzuhalten. Alle Konfliktparteien werden aufgefordert, "ernsthaft und konstruktiv" an einer politischen Lösung mitzuwirken.

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