Syrien: Türkei bereitet Einmarsch vor

Syrien: Türkei bereitet Einmarsch vor
Die Armee des Diktators sollte sich zurückziehen, die Angriffe gehen aber offenbar weiter. Die Türkei will nicht mehr lange zusehen.

Wir haben den Abzug einiger Einheiten aus einigen Provinzen bereits vorgenommen", behauptete der syrische Außenminister Walid al-Moualem am Dienstag während seines Besuchs in Moskau. "In der ganzen Provinz Hama ist Artilleriebeschuss zu hören", meldete hingegen die Opposition. Es gebe weitere, heftige Angriffe der Regierungstruppen in den Provinzen Hama und Homs sowie der Region Aleppo.

Da es für beide Darstellungen keine unabhängige Bestätigung gab, blieb die Frage offen, ob der Friedensplan des UN-Sondergesandten Kofi Annan noch eine Chance hat. Demnach sollte sich die Armee ab Dienstagfrüh aus den Städten zurückziehen und ab Donnerstag eine landesweite Waffenruhe gelten.

Laut Annan, der ein Auffanglager für syrische Flüchtlinge in der Türkei besuchte und danach den UN-Sicherheitsrat über die Lage in Syrien informieren wollte, war es am Dienstag trotz aller Kämpfe noch zu früh, um den Friedensplan und die darin vorgesehene Waffenruhe für gescheitert zu erklären.

Kryptisch

Syrien: Türkei bereitet Einmarsch vor

Am Sonntag hatte Syrien erklärt, Annan habe die Abzugs-Verpflichtung "falsch interpretiert". Vor einer Waffenruhe verlange man eine Garantie der "Terroristen", jede Gewalt zu beenden und alle Waffen abzugeben. Zudem wolle man bei der Zusammensetzung der internationalen Beobachtergruppe mitreden, die die Waffenruhe überwachen soll. "Die Gewalt muss mit deren Eintreffen enden", sagte Außenminister al-Moualem am Dienstag kryptisch.

Sollte Annans Plan scheitern, droht eine internationale Krise. Laut türkischen Medien hat Ankara bereits alle Vorkehrungen für eine militärische Pufferzone auf syrischem Gebiet abgeschlossen. Eine politische Entscheidung sei aber noch nicht gefallen.

Hintergrund ist der anhaltende Flüchtlingsstrom aus Syrien, der bereits fast 25.000 Menschen in die Türkei gespült hat – vor allem aber der Beschuss eines Flüchtlingslagers auf türkischem Gebiet durch Assads Truppen am Montag. Premier Erdogan bezeichnete diesen als "klare Grenzverletzung". Sein Land werde die nötigen Maßnahmen ergreifen, die es nach internationalem Recht habe. "Die Türkei will keinen Militäreinsatz in Syrien", sagte Erdogan, "nur das Verhalten des syrischen Regimes könnte dazu führen."

Ärger in Moskau und Peking

Beim Plan einer Pufferzone beruft sich die Regierung auf einen Vertrag, in dem sich Syrien 1988 verpflichtet hat, die nationale Sicherheit der Türkei nicht zu gefährden.

Experten führen auch das UN-Prinzip der Schutzverantwortung ins Treffen. Es erlaubt ein Eingreifen in einen innerstaatlichen Konflikt, um Völkermord oder andere schwere Verbrechen zu verhindern. Ein solches Eingreifen könnte von der UN-Vollversammlung abgesegnet werden. Im UN-Sicherheitsrat, der einen internationalen Einsatz oder Sanktionen erlauben könnte, haben Russland und China bisher jedes Vorgehen gegen Syrien verhindert. Doch auch ihre Geduld neigt sich dem Ende zu: Sowohl Moskau als auch Peking forderten gestern eine raschere Umsetzung des Friedensplans.

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