Syrien: Neues Massaker bei Damaskus

Syrien: Neues Massaker bei Damaskus
Nach fünftägigen Angriffen durch die Armee melden Regimegegner aus dem Vorort Daraya 320 Tote.

Ich glaube, das Regime sieht die einzige Möglichkeit zur Beendigung der Revolution im Töten, Töten, Töten." Die Meinung von Rafif Jouejati, Sprecherin der oppositionellen Lokalen K­oordinationskomitees, schien sich am Wochenende zu bestätigen: Aus dem Vorort Daraya, südwestlich von Damaskus, wurden gestern 320 Leichenfunde gemeldet. Zuvor hatte die Armee eine fünftägige Militäroperation beendet und voll Stolz gemeldet, sie habe die Stadt "von Terroristen gesäubert und viele von ihnen ausgeschaltet".

Aufständische berichteten hingegen, die Armee habe Daraya abgeriegelt und dann mit mit schweren Waffen und Kampfjets bombardiert. Später seien die "Mörderbanden" der Shabiha-Miliz eingedrungen und hätten Massenhinrichtungen verübt. Die Leichen seien zerstückelt und verbrannt worden.

Der Oppositionelle Abu Kinan berichtete gegenüber Reuters, er selbst habe miterlebt, wie ein achtjähriges Mädchen von einem Scharfschützen getroffen wurde, als ihre Familie im Auto fliehen wollte. Sie sei später in einem Behelfskrankenhaus gestorben.

Blutiges Exempel

Daraya hat etwa 200.000 Einwohner und liegt in unmittelbarer Nähe der Hauptstadt. Sie gehörte zu den ersten Gemeinden, wo es im März 2011 zu friedlichen Demonstrationen gegen das Regime von Bashar al-Assad kam. Offensichtlich sollte deshalb dort ein Exempel statuiert werden.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, die Meldungen aus dem ganzen Land sammelt, spricht von insgesamt 25.000 Toten seit Beginn der Aufstände. Mit mehr als 4000 Opfern war der August der bisher blutigste Monat und der Samstag mit 440 Opfern der schlimmste Tag.

Iran sucht Verbündete in Atom- und Syrienstreit

Seit Jahren wird der Iran wegen seines Atomprogramms sanktioniert und isoliert – umso mehr genießt die Führung in Teheran, seit gestern das 16. Treffen der Blockfreien Staaten ausrichten zu können. Der Iran übernimmt von Ägypten den Vorsitz über die 1961 gegründete Organisation, die mittlerweile 120 Mitglieder und 17 mit Beobachterstatus hat. Ende der Woche werden 36 Staats- und Regierungschefs erwartet. Die 16 Millionen Einwohner von Teheran dürfen sich über fünf Feiertage freuen, die zur reibungslosen Durchführung der Konferenz ausgerufen wurden.

Gleich zum Auftakt nutzte Außenminister Ali Akbar Salehi die Gelegenheit, um Verbündete anzuwerben. Die Blockfreien sollten "ernsthaft gegen die Finanzsanktionen einiger Länder gegen ihre Mitgliedsstaaten vorgehen". Gemeint waren natürlich die Strafmaßnahmen gegen den Iran.

"Gegen Einmischung"

Auch zum Thema Syrien möchte der Gastgeber die halbe Welt hinter sich scharen: Die Blockfreien seien "gegen jede fremde Einmischung und terroristische Aktivitäten", erklärte Salehis Sprecher, das syrische Volk solle über sein Schicksal entscheiden. Was er nicht erwähnte ist die Tatsache, dass der Iran seinen Verbündeten Assad aktiv mit Waffenlieferungen und angeblich auch Milizkämpfern unterstützt. Erst gestern lief ein iranisches Schiff durch den Suezkanal, auf dem Waffen für Syrien vermutet werden. Teheran will in den nächsten Tagen einen neuen Vorschlag zur Lösung des Syrien-Konflikts vorlegen.

Einen Rückzieher machten die Iraner in Sachen Hamas: Deren Chef im Gaza-Streifen, Ismail Haniyeh, sei doch nicht zum Gipfel eingeladen, hieß es am Sonntag. Palästinenser-Präsident Abbas, der den Alleinvertretungsanspruch stellt, hätte sonst seine Teilnahme abgesagt.

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