Syrien: Neuer Krach nach Annans Abgang

Syrien: Neuer Krach nach Annans Abgang
Gegenseitige Schuldzuweisungen im Sicherheitsrat. Wenigstens die UN-Vollversammlung verurteilt Assad.

Was der völlig zerstrittene UN-Sicherheitsrat seit Monaten nicht zustande gebracht hatte, wollte die Vollversammlung der Vereinten Nationen am Freitag wettmachen: Den Delegierten der 193 Mitgliedsstaaten lag ein Resolutionsentwurf arabischer Staaten vor, in dem das Blutbad von Bashar al-Assad am eigenen Volk scharf verurteilt wird. An einer überwältigenden Zustimmung wurde nicht gezweifelt. Eine Resolution der Vollversammlung hat zwar keine unmittelbare Konsequenz, sie ist aber ein starkes politisches Signal. Und in diesem Fall stellt sie auch einen stillen Protest gegen die Tatenlosigkeit des Sicherheitsrats dar.

Dessen Mitglieder waren gestern damit beschäftigt, sich gegenseitig die Schuld am Rückzug des entnervten Syrien-Sondergesandten zuzuschieben. Die USA warfen Russland und China vor, durch ihre Dauerblockade sämtlicher Sanktionsan­drohungen die Arbeit Annans boykottiert zu haben. Russlands Vizeaußenminister Gennadi Gatilow stellte hingegen in den Raum, der Vermittler sei aus dem Spiel genommen worden, "um freie Hand für den Einsatz von Gewalt zu haben".

Nachfolger-Suche

Kofi A­nnan selbst meinte gestern, Syrien könnte noch "vor dem größten Elend bewahrt werden". Dazu müssten aber alle Seiten zu einem "echten Kompromiss" bereit sein. Und: "Es ist klar, dass Assad gehen muss."

UNO und Arabische Liga suchen bereits nach einem Nachfolger für Annan. Ob sich für dieses "schwierigste und wahrscheinlich undankbarste aller Ämter", wie es UN-Generalsekretär Ban Ki-moon beschrieb, jemand findet, ist offen.

Ban Ki-moon kämpft auch um die weitere Verlängerung der UN-Beobachtermission in Syrien. Die Vereinten Nationen müssten "auf irgendeine Art und Weise in Syrien bleiben". Das Mandat läuft am 19. August aus und kann nur verlängert werden, wenn der Beschuss von Zivilisten endlich eingestellt wird. Doch davon kann derzeit keine Rede sein.

Frankreichs UN-Botschafter Gérard Araud, der derzeit den Vorsitz im Sicherheitsrat führt, erwartet daher den Abzug der nur noch 150 unbewaffneten Beobachter. Ihre Sicherheit sei nicht mehr gewährleistet. "Schon jetzt müssen sie 95 Prozent ihrer Zeit im Hotelzimmer verbringen", kritisierte Araud.

Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin hingegen drängt auf einen Verbleib der Beobachter. Ihre Kompetenzen sollten ausgeweitet werden, um eine echte "militärische Überwachung" zu ermöglichen.

Der für alle Friedenstruppen zuständige UN-Untergeneralsekretär Hervé Ladsous, berichtete dem Sicherheitsrat von den Eindrücken seiner jüngsten S­yrien-Reise. "In Aleppo sehen wir einen bemerkenswerten Aufbau von militärischem Gerät, der uns glauben lässt, dass der Hauptkampf kurz bevor steht." Auch die Aufständischen verfügten nun über schwere Waffen wie Panzer.

Aufmarsch in Aleppo

Auch der Kommandant der Rebellen in Aleppo meldete gestern einen massenhaften Aufmarsch der Regierungstruppen, zeigte sich aber zuversichtlich. Seine Kämpfer kontrollierten ein Drittel der Wirtschaftsmetropole.

In Hama sollen die Assad-Truppen erneut ein Massaker verübt haben. Unter den 62 Opfern seien auch Frauen und Kinder, meldete die Opposition. Eine unabhängige Bestätigung gab es nicht.

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