Terrorgruppe ISIS verschleppte 153 Kinder

Ein Mann betrachtet ein Fotoalbum mit Hochzeitsbildern.
Aus der Gefangenschaft geflohene Kinder berichten von Gewalt und Lernprogrammen.

Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) haben die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) aufgerufen, etwa 130 vor einem Monat in Syrien verschleppte Kinder freizulassen. Kinder in einem bewaffneten Konflikt als Geiseln zu nehmen, sie zu benutzen und zu rekrutieren, sei ein Kriegsverbrechen, erklärte HRW am Dienstag in New York.

Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen

UNICEF teilte mit, es verfolge das Schicksal der zwischen 14 und 16 Jahre alten kurdischen Schüler mit "großer Sorge". Ihre Entführung stelle einen "schweren Verstoß gegen die Kinderrechte" dar, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Ende Mai 153 Schüler entführt

Die sunnitischen Kämpfer der Gruppe, die zu diesem Zeitpunkt noch Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien (ISIS) hieß, hatten Ende Mai 153 Schüler entführt, darunter zehn Mädchen. Sie kamen aus der nordsyrischen Stadt Aleppo und fuhren mit dem Bus nach Ain al-Arab in der Provinz Aleppo, als sie in der von den Dschihadisten kontrollierten Stadt Menbej angehalten wurden.

Seither ließen die Entführer etwa 15 Kinder frei, darunter die Mädchen, wie die der syrischen Opposition nahestehende Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Fünf Kinder konnten demnach fliehen.

Mussten die Scharia lernen

Zwei der geflohenen Schüler hätten berichtet, dass die Dschihadisten die Kinder gezwungen hätten, die Scharia und die Dschihadistische Ideologie zu lernen, erklärte HRW. Ein entkommener Schüler habe gesagt, dass die Kämpfer Kinder schlugen, die "sich schlecht verhielten".

Einige Eltern wurden demnach regelmäßig von ihren Kindern angerufen, andere haben keinerlei Lebenszeichen von ihren verschwundenen Kindern. Sie lebten in der Angst, dass ihr Nachwuchs für den Kampf ausgebildet würden, hieß es.

Kalifat

Die sunnitische Dschihadistenorganisation hatte am Sonntag ein "Kalifat" in Teilen des Iraks und Syriens als Kern eines Gottesstaates ausgerufen. Sie kämpft in Syrien auch gegen kurdische Gruppen und hat immer wieder kurdische Zivilisten als Geiseln genommen. Teilweise kamen sie im Austausch gegen gefangene Dschihadisten wieder frei.

Der Chef der Terrorgruppe, Abu Bakr al-Baghdadi, und selbsternannte Kalif rief in einer über das Internet verbreiteten Audiobotschaft die Muslime auf, in den "Heiligen Krieg" zu ziehen. Al-Baghdadi kündigte in der Audiobotschaft Rache für Unrecht an Muslimen an. "Selbst wenn es eine Weile braucht, wir werden uns rächen (...)", sagte er. Zugleich verhöhnte er Frieden, Freiheit, Demokratie und Säkularismus als "irreführende Slogans" von Ungläubigen.

Irak fordert Hilfe

Unterdessen fordert der Irak von den USA stärkere Unterstützung im Kampf gegen die islamistischen ISIS-Milizen. Andernfalls müsse Bagdad bei anderen Ländern Hilfe suchen, sagte der irakische Botschafter in Washington, Lukman Faily, offenbar mit Blick auf den Iran und Russland.

Russland statt USA

"Wir benötigen verzweifelt US-Hilfe, um das Blatt zu wenden", sagte er nach Angaben der ZeitungThe Hill am Dienstag. So habe Bagdad etwa mehrfach um die Lieferung von Kampfhubschraubern gebeten. Stattdessen habe man aus Russland Kampfjets erhalten. "Wir haben keine Wahl", sagte der Botschafter. Die Lage zwinge die Regierung in Bagdad, von jeder Seite Hilfe anzunehmen.

Die erste Sitzung des neu gewählten irakischen Parlaments wurde am Dienstag nach einem heftigen Wortwechsel der Abgeordneten auf die nächste Woche vertagt. Die Mitglieder des Hauses konnten sich nicht auf einen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten einigen. Kurdische und sunnitischen Abgeordnete verließen aus Protest die Sitzung, wie irakische Medien berichteten.

Boykott der Fraktionen

Ohnehin nahmen an den Beratungen nur 255 von 328 Parlamentariern teil. Mehrere Fraktionen boykottierten die Sitzung, weil es bisher keine Einigung über die Kandidaten für die höchsten Staatsämter gibt.

Die Regierung hatte zuvor in Bagdad scharfe Sicherheitsvorkehrungen angeordnet, um die Sitzung vor möglichen Anschlägen zu schützen.

Kurden wollen Unabhängigkeit

Die Kurden im Nordirak wollen nach den Worten ihres Präsidenten Massud Barsani innerhalb von Monaten ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten. Ein eigener Staat sei ein "natürliches Recht" der Kurden, sagte Barsani in einem BBC-Interview. Der Irak sei schon jetzt geteilt.

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