Verletzt und ohne Hab und Gut über die Berge

APA12296194-2 - 13042013 - BEIRUT - LIBANON: ZU APA-TEXT AI - Österreichs Aussenminister Michael Spindelegger am Samstag, 13. April 2013 beim Besuch des Caritas Flüchtlingslagers Delhamieh in Taalabaya. Spindelegger besuchte zuvor im Rahmen seiner Nahost Reise die am Golan stationierten österreichischen UNO-Soldaten. APA-FOTO: Dragan TATIC
Außenminister Spindelegger erfährt beim Besuch eines Caritas-Lagers vom dramatischen Schicksal der Syrien-Flüchtlinge.

Sie kommen zu Fuß und in der Nacht über die Berge, ohne Hab und Gut. Zwei Drittel sind Frauen und Kinder. Viele der Männer, die über die Grenze kommen, sind verletzt und müssen getragen werden. Tausende sind es inzwischen jeden Tag.

So wie Faras Khaled, der mit seiner Frau und seinen sieben Kindern, das Jüngste ist ein Jahr alt, in einem provisorischen, aus Planen zusammengebauten Zelt im Caritas-Lager Delhamieh in der Bekaa-Ebene lebt. Der 40-jährige Arbeiter kommt aus Homs. Vor zwei Monaten wurde er von den Shabiha-Milizen vertrieben – seinem Cousin schnitt diese grausame Vorhut der syrischen Armee die Kehle auf, seinen Bruder brachten sie um, er selbst erlitt eine Schussverletzung im Fuß. Mit seinem zweiten Bruder und der Familie gelang ihm die Flucht.

„Die Shabiha hat mir alles genommen“, sagt der Mann mit unbewegtem Gesicht. Hier im Lager lebt er von 30 Dollar Essenscoupons pro Monat für jedes Familienmitglied, muss dafür aber auch 200 Dollar für sechs Monate Miete in der unvorstellbaren Unterkunft an die Grundbesitzer zahlen.

Mindestens 1,3 Millionen Menschen sind seit Beginn des Aufstandes gegen das Assad-Regime nach Schätzungen des UNHCR in Nachbarländer geflohen, 430.000 davon in den Libanon. Die Dunkelziffer liegt noch einmal so hoch. „Das ist fast ein Viertel unserer Bevölkerung “, sagte der libanesische Außenminister Adnan Mansour bei seinem Treffen mit Außenminister Spindelegger.

Ninette Kelley, die UNHCR-Vertreterin im Libanon, zieht einen eindrücklichen Vergleich: „430.000 Flüchtlinge auf einer Fläche von der Größe Oberösterreichs, das wären umgerechnet 2,4 Millionen Flüchtlinge in Österreich.“ Dennoch nähme die Welt die dramatische Lage im Libanon nicht wahr, „weil die Libanesen nicht gejammert, sondern ihre Türen geöffnet haben“ – ein Gutteil der Flüchtlinge ist privat, bei Verwandten, in Schulen untergebracht, 30.000 Kinder wurden ins Schulsystem integriert.

Größte Sorge der UNHCR ist die Finanzierung von Gesundheitsversorgung, Notunterkünften und Nahrung. Das Food-Programm droht Ende Mai eingestellt zu werden.

Spindelegger brachte zumindest gute Nachrichten mit: Österreich wird zu den bisher 3,7 Millionen Euro Hilfe für die Flüchtlinge zwei weitere drauflegen. Caritas hat seit Ausbruch des Bürgerkrieges mehr als eine Million Euro für Syrien-Flüchtlinge zur Verfügung gestellt, einen Teil direkt für Projekte im Libanon.

Caritas-Präsident Franz Küberl sagt bei dem Besuch im Zeltlager, dass man versuche, „das Mindestes, was Menschen zusteht, möglich zu machen“.

Und was wünscht sich Faras Khaled? Er will zurück nach Syrien und, „dass es besser wird, aber so sieht es nicht aus“. Vor allem, dass seine Kinder keine Zukunft haben, bedrückt ihn am meisten.

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