Deutscher IS-Kämpfer droht Deutschland und Europa
Der Islamische Staat (IS) hat viele Stimmen, die in vielen Kanälen und in vielen Sprachen kommunizieren. Da ist die Online-Propaganda-Illustrierte Dabiq, die auf Englisch, Deutsch oder Französisch erscheint. Da sind Kampflieder, die auf Deutsch oder Englisch gesungen perfekt gestaltete PR-Videos untermalen. Und da sind Droh-Videos, sozusagen direkte Nachrichten. Im Magazin Dabiq hatte der IS bereits mit Anschlägen in Europa, Nordamerika oder Australien gedroht. Diese Drohung wurde jetzt in einem Droh-Video präzisiert: "Wir warten auf euch! Seit 1400 Jahren warten wir auf euch", sagt da ein Dschihadist in Richtung USA. Und in Richtung Deutschland sagt er: "Das Gleiche gilt für euch, ihr Deutschen! Die schmutzige Merkel! Nachdem du deine Geschenke abgegeben hast an Israel, versammelt ihr euch alle: Hollande (Präsiden Frankreichs, Anm.), Cameron (Premierminister Großbritanniens), Putin (Präsident Russlands). Versammelt euch gegen die Muslime. Ihr werdet nur verlieren." Zudem ruft er "Geschwister in Deutschland, Österreich, in der Schweiz" auf, sich dem IS anzuschließen. "Sitzt nicht mit den Schmutzigen."
Dieser Inhalt ist wenig überraschend, wenn auch etwas direkter als bisher. Pikant an der Sache aber ist: Der, der diese Worte spricht, ist Deutscher. Es handelt sich um Michael N., einen amtsbekannten Konvertiten aus Gladbeck, Nordrhein-Westfalen. Heute nennt er sich Abu Dawud. 2012 war er mit seiner Frau aus Deutschland nach Ägypten ausgereist, ging kurz nach Libyen und weilt jetzt anscheinend in Syrien.
Was genau an solchen Drohungen wie jener von Michael N. dran ist, ist schwer festzumachen. Laut Sicherheitskreisen liegen zumindest in Europa derzeit keine Informationen über konkrete Anschlagspläne vor. Anscheinend aber zielt der IS weniger darauf ab, ausgefeilte Anschlagspläne zu entwerfen, als Einzelgänger zu motivieren. Denn militärisch hat der IS derzeit an allen Fronten zu tun. Während es der Miliz nach wie vor gelingt, im Irak an Boden zu gewinnen, scheint die Offensive der Miliz auf die nach wie vor von kurdischen Verbänden gehaltene nordsyrischen Stadt Kobane ins Stocken geraten zu sein. Durch massive Luftunterstützung der internationalen Allianz gegen den IS konnten die Kämpfer der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG einige Stadtviertel zurückerobern. Nach unterschiedlichen Angaben kontrolliert der IS nur mehr rund 20 Prozent des Stadtgebiets. Zuletzt hatten sich die internationalen Luftangriffe vor allem auf die Region um Kobane konzentriert.
Dieser Luftkrieg der internationalen Allianz hat jetzt auch einen Namen: "Operation Inherent Resolve", was mehr schlecht als recht als "Natürliche Entschlossenheit" übersetzt werden kann.
Im Kampf um die nordsyrische Stadt Kobane sind mindestens 662 Menschen seit Beginn der Belagerung durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vor einem Monat ums Leben gekommen. Das teilte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mit. Aufseiten der kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) seien 258 Kämpfer und in den Reihen des IS 374 Dschihadisten getötet worden.
Des weiteren seien 20 Zivilisten und zehn mit der YPG-Miliz verbündete Kämpfer umgekommen. Die IS-Miliz hatte Anfang September ihren Vormarsch auf die an der Grenze zur Türkei gelegene kurdische Enklave Kobane (Arabisch: Ain al-Arab) gestartet. Rund 300 Dörfer eroberte die Miliz im Umland, Hunderttausende syrische Kurden waren daraufhin in die Türkei geflohen. Seit dem 16. September belagern die Jihadisten Kobane. Kurdische Kämpfer verteidigen die Stadt mit Unterstützung von Luftschlägen der internationalen Allianz gegen IS.
Kurden sehen IS-Teilrückzug
Ein Kurdenvertreter hat unterdessen einen Teilrückzug der Jihadisten aus Kobane bestätigt. Die US-geführte internationale Koalition habe den IS "in den vergangenen Tagen effektiver bekämpft", sagte Idriss Nassen am Donnerstag per Telefon aus der belagerten Stadt der Nachrichtenagentur AFP.
Die Extremisten kontrollierten inzwischen nur noch "weniger als 20 Prozent" der Kurdenstadt direkt an der türkischen Grenze. Die kurdischen Kämpfer würden die IS-Milizionäre aus den östlichen und südöstlichen Stadtteilen "fortspülen", sagte Nassen weiter. Zugleich forderte er mehr Militärhilfe von der Staatengemeinschaft. "Wir brauchen mehr Luftangriffe, aber auch mehr Waffen und Munition, um sie am Boden bekämpfen zu können."
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