Südtiroler Doppelpass: Wiener Pläne "schwer begreifbar"
Wenige Stunden vor dem Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Rom verschärft Italien den Druck gegen Österreichs Pläne zur Einführung eines Doppelpasses für Südtiroler. Als "anachronistischen Revanchismus" bezeichnete das italienische Außenministerium die Pläne der Bundesregierung in Wien.
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, in dessen Folge Südtirol zu Italien kam, würden Österreichs Pläne, "den Charakter eines anachronistischen Revanchismus" bekommen, hieß es in einer am Montagabend veröffentlichten Presseaussendung des italienischen Außenministeriums.
Eine "einseitige Initiative" Österreichs in Sachen Doppelpass wäre laut der Presseaussendung "unangebracht" vor allem angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Südtirol. Die Pläne der Regierung in Wien seien "schwer begreifbar", vor allem wenn man bedenke, dass Österreicher und Italiener die gemeinsame EU-Staatsbürgerschaft teilen. "Es ist wirklich seltsam, dass eine Initiative dieser Art in einem Land - Österreich - diskutiert wird, das den EU-Ratsvorsitz innehat", hieß es in dem Schreiben.
Derzeit kein "gegenseitiges Vertrauen"
Wegen Österreichs Plänen in Sachen Doppelpass wird der italienische Außenminister Enzo Moavero Milanesi daher nicht zu einem bilateralen Treffen in Wien kommen, das Außenministerin Karin Kneissl ( FPÖ) plane. Ein Klima des "gegenseitigen Vertrauens", eine "unentbehrliche Bedingung für das Gelingen dieser Art von Treffen", sei derzeit nämlich nicht vorhanden, hieß es.
Kurz wird am Dienstag ein Arbeitsgespräch mit dem italienischen Regierungschef Giuseppe Conte in Rom führen. Hauptthemen der Gespräche werden nach Angaben des Bundeskanzleramts die Vorbereitung des informellen Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs am 19. und 20. September in Salzburg sowie die EU-Afrika-Politik sein, wie schon zuvor bei den Besuchen von Kurz in Madrid, Berlin und Paris. Österreich hat rund um die Doppel-Pass-Pläne betont, im Einvernehmen mit Rom vorzugehen und keine einseitigen Schritte zu setzen.
Rechtsparteien attackieren Kurz
Die rechtskonservative Forza Italia begrüßte die Entscheidung von Italiens Außenminister Enzo Moavero Milanesi, nicht zu einem bilateralen Treffen mit Amtskollegin Karin Kneissl (FPÖ) zu kommen. Angesichts der "kühnen Initiative" Österreichs sei ein solcher Protest angebracht, erklärte der Forza-Italia-Senator Maurizio Gasparri. "Österreichs Pläne müssen entschieden abgelehnt worden", schrieb Gasparri in einer Presseaussendung.
Die postfaschistische Partei Brüder Italiens (Fratelli d'Italia/FdI) kritisierte die "wiederholten Einmischungen" von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in den Südtiroler Landtagswahlkampf. Mit seinem Besuch in Bozen am Freitag habe Kurz versucht, die Südtiroler Volkspartei (SVP) zu unterstützen und somit die Wahlkampagne zu beeinflussen. Diese Einmischung sei "unerträglich" und nähre längst begrabene Spannungen zwischen der deutschsprachigen und der italienischen Gemeinschaft in Südtirol, so der Fraktionschef der FdI in der italienischen Abgeordnetenkammer, Francesco Lollobrigida.
"Wir hoffen, dass Premier Conte sich an Außenminister Moavero Milanesi ein Beispiel nimmt und den Interessen Italiens Geltung verschafft. Es soll ein für alle Mal klar sein, dass Südtirol italienisch ist. Noch kein ausländischer Regierungschef ist bisher in den Wahlkampf gezogen, um eine Partei zu unterstützen", so Lollobrigida, der von "unerträglicher österreichischer Arroganz" sprach. "Italiens Grenzen sind heilig", sagte der rechte Politiker.
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