Er befahl: "Auslöschen!": Jetzt wurde berüchtigter Milizenführer verurteilt

Verurteilter Milizenführer Ali Abd-Rahman: Massenmorde in Darfur
Er war einer von vielen. Einer derjenigen Befehlsgeber, die Zivilisten zu Freiwild erklärten. Die in der Region Darfur, im Süden des Sudan, hunderte Dörfer überfallen ließen, die Frauen vergewaltigten, zerstückelten, die Männer verbrannten, die Kinder töteten und die Behausungen dem Erdboden gleich machten.
Als einer der Kommandeure der berüchtigten arabischen Dschandschawid wurde Ali Abd-Al-Rahman nun für schuldig befunden. Die gefürchtete Miliz, die überwiegend aus arabischen Kämpfern besteht, terrorisierte in den Jahren 2003 und 2004 in der Region Darfur die schwarze Bevölkerung. Das Wüten der Reitermilizen forderte mindestens 400.000 Todesopfer, mehr als zwei Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben.
Abd-Al-Rahman habe seinen Kämpfern befohlen, in die Dörfer der Region einzufallen und dort Massenvergewaltigungen und -morde zu verüben, erklärten die Richter des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) am Montag. Vor dem Angriff soll Abd-Al-Rahman seine Soldaten mit den Worten angefeuert haben: „Auslöschen und hinwegfegen!“
Nach fünfjährigem Verfahren in Den Haag wurde Abd-Al-Rahman nun wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 27 Fällen verurteilt. Über das Strafmaß wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.
Die Verurteilung des Sudanesen ist erst der achte Schuldspruche des IStGH in seiner 23-jährigen Geschichte. Insgesamt hat das Gericht 70 Personen angeklagt, von denen 29 noch per Haftbefehl gesucht werden. Nur sechs Angeklagte befinden sich gerade in Den Haag in Haft, darunter der ehemalige philippinische Präsident Rodrigo Duterte.
Der Hauptverantwortliche für den Völkermord in Darfur, Sudans ehemaliger Diktator Omar al-Baschir, steht allerdings noch immer nicht vor Gericht. Schon seit 16 Jahren möchte der Internationale Strafgerichtshof Baschir den Prozess wegen Völkermordes in Darfur machen. Doch das Gericht kommt trotz Haftbefehls nicht an ihn heran, die Kriegsparteien – im Sudan herrscht derzeit der weltweit schlimmste Krieg – liefern den 80-jährigen Ex-Diktator nicht aus.
Umso deutlicher müsse das Urteil gegen Abd-Al-Rahman eine Botschaft an die derzeitigen Kriegsparteien im Sudan sein, meint UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk. Sowohl die sudanesische Armee von Militärherrscher Fattah al-Burhan und als auch die RSF-Miliz (eine Nachfolgeorganisation der Dschandschawid) von Abd-Al-Rahmens früherem Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo müssten sehen, dass es "keine Straffreiheit für Massenverbrechen gegen Zivilisten geben kann. Auch sie werden eines Tages für schwerwiegende Gesetzesbrüche zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Türk. Ermittlungen gegen beide Kriegsparteien sind am Laufen, bis Verantwortliche je in Den Haag vor Gericht stehen, werden allerdings noch Jahre vergehen. Derzeit spielt sich im Sudan die größte Flüchtlingskatastrophe der Welt ab, an die zwölf Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben.
Sanktionen der USA
Angesichts der Vielzahl schwerster Kriegsverbrechen in aller Welt steht der Internationale Strafgerichtshof derzeit vor einer der größten Bedrohungen seiner Geschichte. US-Präsident Trump und seine Regierung haben Sanktionen gegen Staatsanwälte und Richter verhängt, die hinter der heftig umstrittenen Entscheidung des Gerichts stehen, Haftbefehle gegen Israels Premier Benjamin Netanjahu und dessen ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant zu erlassen. Ein amerikanischer Präsident hat per Gesetz die Macht, nicht nur Gerichtsmitarbeiter, sondern auch deren Familienangehörige unter Sanktionen zu stellen. Das Gericht in Den Haag wirft Netanjahu und Gallant vor, durch ihre Kriegsführung in Gaza Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben - was diese allerdings kategorisch bestreiten.
Alle Staaten, die den Gerichtshof anerkennen, also auch Österreich, sind verpflichtet, die beiden Männer bei einer Einreise zu verhaften und an den Haag auszuliefern. Ein Haftbefehl des IStGH - der übrigens auch gegen Kremlherrn Putin ausgeschrieben wurde - gilt lebenslang und kann nicht aufgehoben werden.
Zu den Strafmaßnahmen der USA zählen Einreiseverbote und das Einfrieren von Besitz in den USA. Zudem dürfen amerikanische Unternehmen und Bürger keine Geschäfte mehr mit den betroffenen Mitarbeitern des Internationalen Strafgerichtshofs machen.
Das größte Problem aber sind derzeit die schweren Vorwürfe gegen Karim Khan, den mächtigen Chefankläger des IStGH. Unmittelbar vor und nach der Ausstellung des Haftbefehls gegen Netanjahu hatten sich zwei junge Mitarbeiterinnen des Briten gemeldet und ihm schwere sexuelle Nötigung vorgeworfen. Seit Mai musste Khan seine Arbeit ruhen lassen, bis Jahresende will eine Kommission ein Prüfungsergebnis vorlegen. Aussage steht gegen Aussage.
Khan hat alle Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Das Gericht kann auch ohne Chefankläger Khan arbeiten, doch die ständigen Drohungen von Sanktionen gegen Mitarbeiter des Gerichts bremsen viele potenzielle, künftige Kandidaten und schwächen das Gericht, das weder die USA noch Russland, China oder Israel anerkennen.
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