Stundenlanges Gefecht um UNO-Gebäude
Im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul haben Taliban-Kämpfer am Freitag ein Gebäude der Vereinten Nationen angegriffen. Bei dem Selbstmordanschlag sowie bei anschließenden schweren Gefechten wurden nach Angaben des afghanischen Innenministeriums fünf Angreifer und ein Polizist getötet. Eine italienische UN-Mitarbeiterin wurde schwer verletzt. Die radikalen Islamisten zündeten nach Behördenangaben zunächst eine Autobombe und verschanzten sich dann in einem Gebäude der Vereinten Nationen, in dem unter anderem die Büros der Internationalen Organisation für Migration (IOM) untergebracht sind. Norwegische Spezialkräfte kamen ihren afghanischen Kollegen zu Hilfe und umstellten das Gebäude. Der Angriff begann am Nachmittag, die Schusswechsel waren bis in die Nacht hinein in der ganzen Stadt zu hören.
Mindestens drei IOM-Mitarbeiter wurden nach UN-Angaben verletzt, darunter eine Italienerin schwer. Auch ein Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sei verletzt worden. Der Sprecher des afghanischen Innenministeriums, Sedik Sedikki, sprach von sieben Verletzten, darunter zwei Polizisten und fünf "örtliche Zivilisten". Ein Polizist sei bei der Explosion der Autobombe getötet worden. Der Leiter der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA), Jan Kubis, verurteilte den Angriff scharf. Ein Talibansprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP am Telefon, der Angriff sei "koordiniert" gewesen. Ein Selbstmordattentäter habe sich in einem Auto in die Luft gesprengt, danach hätten andere Mujaheddin Stellung in dem Gebäude bezogen und von da aus mit leichten und schweren Waffen gefeuert. Hauptziel war demnach ein Gästehaus, das nach Angaben des Sprechers von Mitgliedern der CIA und des afghanischen Geheimdienstes NDS genutzt wird.
Abzug der NATO
Die Taliban hatten Ende April ihre diesjährige "Frühjahrsoffensive" in Afghanistan gestartet und neue Anschläge angekündigt. Ziel sollten unter anderem Militärflughäfen der NATO-geführten Truppen sowie diplomatische Einrichtungen sein. Erst am 16. Mai waren bei einem Selbstmordanschlag auf einen ausländischen Militärkonvoi in Kabul 15 Menschen getötet worden, darunter fünf US-Bürger. Es war der erste Selbstmordanschlag in Kabul seit dem 9. März. Damals hatte ein Attentäter am Rande des Besuchs von US-Verteidigungsminister Chuck Hagel neun Menschen getötet.
Die Anschläge zeigen, wie verletzlich die Sicherheitslage in der afghanischen Hauptstadt vor der Beendigung des internationalen Kampfeinsatzes in Afghanistan im kommenden Jahr ist. Der schrittweise Abzug der rund 100.000 NATO-Soldaten vom Hindukusch hat bereits begonnen. Der internationale Einsatz in Afghanistan hatte Ende 2001 mit dem Sturz der Taliban-Regierung begonnen.
Friedensaktion in Pink
Nach dem Angriff ließ Yazmany Arboleda, ein 31-jähriger Konzeptkünstler aus den USA, 10.000 neonpinkfarbene Friedens-Luftballons verteilen. Arboleda wollte die Aktion nach eigenen Angaben angesichts der neuen Gewalt zunächst absagen. Aber die Helfer hätten ihn davon überzeugt weiterzumachen. Die Tatsache, wie begeistert die Menschen das Ereignis annähmen, zeige "wie viel Kreativität, positives Denken und Liebe" trotz allen widrigen Umständen vorhanden seien. Der Samstag fällt in Afghanistan mit dem Beginn der Arbeitswoche zusammen. Mehr als hundert junge Künstler und Studierende aus Kabul gaben die Ballons an Arbeiter, Kunden und Familien aus. Die Empfänger wurden aufgefordert, die leuchtenden Luftballons bis zum Abend zu behalten. Der in New York lebende Arboleda hat ähnliche Ballonprojekte bereits in Nairobi (Kenia), in Bangalore (Indien) und in Yamaguchi (Japan) veranstaltet.
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