Studie: Klimawandel macht Bier schlechter und teurer

„Wenn’s ums Bier geht, kriegen die Leute Angst“, weiß Erich Lehmair. Und er weiß auch, wovon er spricht – ist er doch Geschäftsführer im Verband Deutscher Hopfenpflanzer. Die sind daher ziemlich alarmiert von einer Studie eines internationalen Forscherteams der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Brünn, aus der die Neue Zürcher Zeitung jüngst zitierte.
Demnach setzt der Klimawandel einer Grundsubstanz des Gerstensaftes, dem Hopfen eben, erheblich zu. Die Wissenschafter verglichen die Hopfenernten in den europäischen Anbaugebieten zwischen 1971–1994 mit jenen der Jahre 1995–2018.
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Sie kamen zum Schluss, dass durch fehlende Niederschläge sowie regelrechte Dürren die Erträge deutlich gesunken seien. Ohne weitere Anpassungen würden die Ernten bis 2050 um zusätzliche vier bis 18 Prozent geringer ausfallen. Tatsächlich mussten auch die deutschen Hopfenpflanzer 2022 einen Rückgang um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Sie mussten sich mit dem schwächsten Hektarertrag seit 30 Jahren zufriedengeben.
Hitze als Aroma-Killer
Der für Biertrinker betrübliche Schluss der Studien-Autoren: Das Getränk würde durch ein verringertes Angebot an Hopfen nicht nur teurer werden, die Hitze lasse auch den Gehalt der Alphasäuren, die für den unverwechselbaren Geschmack und Geruch des Bieres verantwortlich zeichnen, um 20 bis 30 Prozent sinken. Als Gegenmaßnahmen werden Bewässerungssysteme sowie eine Vergrößerung der Hopfen-Anbauflächen empfohlen, auf Deutschland bezogen um satte 20 Prozent.
Erich Lehmair teilt die Erkenntnisse der Studie prinzipiell schon, verweist aber darauf, dass seit Längerem Hopfensorten angepflanzt würden, die klimaresistenter seien und weniger Wasser brauchten. Das sei allerdings mit einem Mehraufwand verbunden, da erst zwei Jahre nach Aussaat geerntet werden könne, und das nur mit Hand, weil die Hopfenranken noch zu klein für die großen Maschinen seien.
Neuzüchtungen
Auch der Geschäftsführer der deutschen Gesellschaft für Hopfenforschung, Walter König, übt Kritik an der Studie. Untersucht worden seien bloß alte Hopfensorten, die dem Klimawandel tatsächlich nicht standhalten könnten. Aber: „Wir bringen schon seit 30 Jahren Neuzüchtungen in den Boden.“
Die klimatoleranteren Sorten stünden bereits auf 88 Prozent der Anbauflächen in Deutschland.
Dass Aroma und Geschmack zentrale Faktoren für den Biergenuss seien, bestätigen Lehmair wie König. Bezogen auf neue Sorten merken die beiden Fachleute zudem an, dass Stammkunden jede Nuance sofort bemerken und eventuell ablehnen würden.Zwar seien die aktuellen Hopfensorten „aromatisch stark an die alten angelehnt“, so König, aber keine Sorte könne die andere zu 100 Prozent ablösen. Also doch schlechtere Zeiten für Biergenießer?
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