Straches Dilemma: "Im Vergleich zu Kurz schaut auch er jetzt alt aus"
Können die Freiheitlichen im kommenden Wahlkampf noch zum lachenden Dritten werden? Oder bringt der Obmanwechsel in der ÖVP auch Heinz Christian Strache in Bedrängnis? Welche Strategie will die FPÖ jetzt einschlagen?
"Auf ihn kann Österreich immer zählen", so der neue Slogan der FPÖ, der auf Plakaten ab Mitte Mai affichiert werden soll. Zentrale Botschaft der am Montag präsentierten neuen Kampagne: Die FPÖ als verlässliche Kraft. "Die Menschen wollen eine authentische, ehrliche und verlässliche Politik. Das lebe ich seit zwölf Jahren als Obmann vor", erklärt Strache.
Meinungsforscher und Politik-Experte Wolfgang Bachmayer will aber jetzt schon eine ganz andere, klare Strategie der Freiheitlichen erkennen. "Augenscheinlich teilt erstens einmal die FPÖ ein Interesse mit SPÖ, Grünen und Neos, so spät wie möglich zu wählen. Schlicht aus dem Grund, um den Hype rund um Sebastian Kurz abklingen zu lassen und damit die Chance zu vergrößern, dass so der Heiligenschein und die gute Zustimmung für Kurz abnimmt. Dafür braucht es aber Zeit", so der OGM-Meinungsforscher.
Kurz überall dabei
Weiters sei offensichtliche Strategie der FPÖ, den neuen ÖVP-Chef als ganz altes Regierungsmitglied darzustellen. Schließlich habe Kurz seit 2011 allen Entscheidungen der Bundesregierung zugestimmt und deren Politik mitgetragen.
Dann, so analysiert Bachmayer die strategischen Pläne der Blauen, habe Kurz nie mit eigenen Ideen geglänzt, sondern sei nur "Kopierweltmeister" von Ideen und Vorschlägen der FPÖ und von FPÖ-Chef Strache.
"Kurz ist sicher eine Gefahr für Strache, natürlich auch für Kern und für die Neos, vielleicht sogar für die Grünen", glaubt Bachmayer. Alle müssten sich überlegen, wie man mit dem Phänomen umgehen soll. Dazu komme, "dass der lange Zeit jung und dynamisch wirkende Strache nun mit seinen 47 Jahren gegenüber dem 30-jährigen Kurz alt aussieht".
Bachmayer: "Es ist zu erwarten, dass die ÖVP mit Kurz an Prozentpunkten gewinnt. Und diese Stimmen müssen irgendwoher kommen. Das wird auch die Freiheitlichen treffen."
Das sei für den FPÖ-Wahlkampfstart aber kein Nachteil, meint Bachmayer – und erklärt das so: Bei der vergangenen Wahl in Wien habe sich Strache frühzeitig als Anwärter auf das Bürgermeisteramt hochstilisiert. Das habe ihm doppelt geschadet: Auf der einen Seite, weil die Wiener SPÖ und Bürgermeister Michael Häupl damit ein wirksames Drohszenario bedienen konnten. Aber auch, weil die Wähler der FPÖ ihre Partei gerne als starke Oppositionspartei sehen würden, viele dennoch die Parteiführung nicht mit faktischer Macht ausstatten wollen.
Klar ist für Meinungsforscher Bachmayer auch, dass sich die FPÖ "sicher nicht das Zuwanderungs- und Sicherheitsthema aus der Hand nehmen lassen werden. Da wird wahrscheinlich noch nachgeschärft werden."
Blaue schärfen nach
Wie dieses "Nachschärfen" aussehen könnte, davon gaben Strache und sein Generalsekretär Herbert Kickl am Montag einen ersten Vorgeschmack. "Kurz hat dem Islam den roten Teppich in Österreich ausgerollt", proklamiert Kickl. Und: An den ÖVP-Positionen werde auch Kurz nichts ändern. "Wir sind dafür da, dass Österreich nicht zu kurz kommt", kalauert Kickl.
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