Katalonische Regierung: Mindestens zwölf Festnahmen
Eineinhalb Wochen vor dem geplanten Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien hat die spanische Polizei am Mittwoch mehrere Ministerien der Regionalregierung in Barcelona durchsucht. Dabei wurden insgesamt zwölf Menschen festgenommen, darunter auch der engste Mitarbeiter des stellvertretenden Regierungschefs der Region, wie mehrere spanische Medien berichteten.
Dabei soll es sich um Josep Maria Jove handeln, er gilt als "rechte Hand" von Vize-Regierungschef Oriol Junqueras und ist als Leiter der Abteilung Wirtschaft und Finanzen vergleichbar mit einem Wirtschaftsstaatssekretär. Junqueras zeigte sich via Kurznachrichtendienst Twitter empört. "Sie (die Polizei, Anm.) greift die Institutionen des Landes an und daher die Bürger. Wir werden das nicht zulassen." Die spanischen Behörden würden ohne richterlichen Beschluss handeln. Laut der Zeitung El Pais wurden sogar 14 Personen festgenommen.
Massenproteste
Aus Protest gegen die Festnahmen der Politiker und Beamten versammelten sich mehrere Tausend Unabhängigkeitsbefürworter am Mittwochnachmittag vor Gebäuden der Regionalregierung. Es kam auch zu ersten Handgreiflichkeiten mit der Polizei, die zuvor am frühen Vormittag von der paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil durchsucht worden waren. "No pasaran!" (Sie werden nicht durchkommen) und "Raus mit der spanischen Polizei!", skandierten die Demonstranten.
Puigdemont erklärte indes, die Regierung in Madrid habe eine "rote Linie überschritten". Seine Regierung sei Ziel "einer von der Polizei und dem Innenministerium koordinierten Aggression, um die Katalanen daran zu hindern, in Freiheit und Frieden am 1. Oktober wählen zu können", so Puigdemont. Die separatistische Bürgerbewegung ANC rief nach den Festnahmen öffentlich zur "Verteidigung der katalanischen Institutionen" auf.
Puigdemont warf Madrid auch vor, über Katalonien "de facto den Ausnahmezustand" verhängt zu haben und wie ein "autoritäres und repressives Regime" zu handeln. Die Verhaftungen, Durchsuchungen, die Kontrolle der Finanzen sowie die Einschüchterung von Medien und der Bürger seien in einer Demokratie inakzeptabel, so der separatistische Ministerpräsident von Spaniens wirtschaftsstärkster Region mit rund 7,5 Millionen Bürgern.
Krisensitzung
Die katalanische Regionalregierung unter Carles Puigdemont berief angesichts der Razzia eine Krisensitzung ein. Das von Katalonien ausgerufene Referendum soll am 1. Oktober ungeachtet mehrerer Verbote des spanischen Verfassungsgerichts und von strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch gegen den Widerstand der Zentralregierung in Madrid durchgeführt werden. Die Zentralregierung betrachtet die geplante Abstimmung als illegal. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte von einem "intolerablen Akt des Ungehorsams" gesprochen und gemeint, er wolle die Loslösung Kataloniens auf keinen Fall zulassen. Das Verfassungsgericht erklärte, das vom katalanischen Parlament beschlossene Referendumsgesetz verstoße gegen die spanische Verfassung.
Im Regionalparlament in Barcelona haben die Unabhängigkeitsbefürworter seit 2015 die Mehrheit. Viele größere katalanische Städte sind aber gegen eine Loslösung von Spanien. In Umfragen liegen die Gegner einer Abspaltung derzeit mit gut 49 zu 41 Prozent vorne.
Kommentare