Spanien: Ein Urteil schafft harte Fronten

Spanien: Ein Urteil schafft harte Fronten
Das Höchstgericht schickt Kataloniens Separatisten in Haft, bei Protesten gab es mehr als 30 Verletzte.

aus Barcelona von Linda Osusky

Großkundgebungen und ein Dreitagesmarsch nach Barcelona, mit dem Ziel, die wichtigsten Verkehrswege zu blockieren: Die Antwort der katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter auf ein historisches Urteil in Spaniens Demokratie. Neun Mitglieder der abgesetzten katalanischen Führungsspitze fassten wegen Abhaltung des Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017 Haftstrafen zwischen neun und 13 Jahren aus.

Zusammenstöße

Ab der Bekanntmachung der Urteile am Montagmorgen gab es Proteste in ganz Katalonien. Am Flughafen von Barcelona kam es am Abend dann zu Zusammenstößen mit der Polizei. Mehr als 30 Menschen wurden dabei verletzt, Dutzende Flüge mussten gestrichen werden. Die Zusammenstöße mit der Polizei zeigten einmal mehr: Mit der juristischen Antwort ist der Konflikt nicht beendet. Für Spaniens amtierenden sozialistischen Regierungschef Pedro Sanchez ist der Umgang mit Katalonien eine Gratwanderung. Auf der einen Seite versprach er, für die Einheit Spaniens zu kämpfen. Er müsse aber auch der mehrheitlichen Forderung Kataloniens, seine Selbstverwaltung und nationale Identität besser zu schützen, nachkommen, so der Politikwissenschafter Jose Fernandez-Albertos zum KURIER.

Königsmacher

Im Parlament ist Sanchez mitunter auf die Unterstützung separatistischer katalanischer Parteien angewiesen. Noch, denn am 10. November werden die Spanier nach nur sechs Monaten erneut zu den Urnen gerufen. Wie diese Wahl ausgehen wird, hängt zu einem großen Teil auch vom Wahlverhalten der Katalanen ab. Die wirtschaftlich und demografisch bedeutende spanische Region stellt aktuell 48 der insgesamt 350 Abgeordneten im Kongress. Ihr Stimmverhalten kann spanische Regierungen stürzen, wie zuletzt im Februar dieses Jahres, als man Sanchez zu vorgezogenen Neuwahlen zwang. Dieser ging am 28. April als Sieger hervor, brachte aber keine Regierung zustande.

Angst vor neuem Terror

Schon am 23. September hat der Konflikt um Katalonien eine neue Dimension erhalten. Die spanische Polizei verhaftete neun Personen aus dem Separatistenumfeld wegen Sprengstoffbesitzes und Terrorismusverdachts. Die Verhafteten sollen laut dem geheimen Ermittlungsbericht eine radikale Splittergruppe der „Komitees zur Verteidigung der Republik“ gebildet haben. Laut Ermittlungen sollen sie anlässlich der Urteilsverkündung gegen die Separatisten unter anderem die Besetzung des Regionalparlaments geplant haben.

Beweis für Repression?

Während die spanische Justiz überzeugt ist, es mit einer Terrorgruppe im Embryonalstadium zu tun zu haben, sieht die katalanische Regierung in den Verhaftungen einen weiteren Beweis für die Repression durch Spanien. Sie wird nicht müde zu betonen, ihre demokratischen Absichten mit friedlichen Mitteln erreichen zu wollen. Sie forderte die Freilassung der Verhafteten und den Abzug der spanischen Polizei Guardia Civil aus Katalonien. Die Verhaftungen hätten das Ziel, die Unabhängigkeitsbewegung zu kriminalisieren, sagt Kataloniens separatistischer Regierungschef Quim Torra.

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