Sogar der Papst soll bespitzelt worden sein

epa03803177 Pope Francis celebrates a Way of the Cross at Copacabana beach in Rio de Janeiro, Brazil, 26 July 2013. Pope Francis is in Brazil for the celebration of the World Youth Day, from 23 to 28 July, on his first trip overseas since he was elected. EPA/LUCA ZENNARO / POOL
Auch Franziskus soll für die NSA interessant gewesen sein. Die US-Geheimdienstler treten derweil die Flucht nach vorne an.

Wurde sogar der Papst bespitzelt? Das berichtet zumindest das italienische Nachrichtenmagazin Panorama. Demnach wurden Gespräche von hochrangigen Geistlichen im Vatikan bis vor dem Konklave am 12. März abgehört. Bespitzelt wurden angeblich auch Telefongespräche, die in der "Domus Internationalis Paul VI.“ in Rom geführt wurden, der Residenz, in der Kardinal Jorge Mario Bergoglio - der künftige Papst Franziskus - mit anderen Kardinälen vor seiner Papst-Wahl wohnte. Der Verdacht, dass der künftige Papst bespitzelt wurde, sei konkret, berichtete Panorama. Bergoglio war bereits seit 2005 ins Visier der NSA geraten, wie auch aus Wikileaks-Berichten hervorgeht. "Panorama“ zufolge könnten Gespräche abgehört worden sein, die sich unter anderem auf die Ernennung des neuen Präsidenten der Vatikanbank IOR, Ernst von Freyberg, bezogen.

Vatikan-Sprecher Pater Federico Lombardi betonte, es gebe keine Hinweise, dass der Papst bespitzelt worden sei. "Jedenfalls sind wir nicht besorgt“, betonte Lombardi.

"Europäer spionieren uns aus"

Indes übt sich der Geheimdienst darin, Angriff als die beste Verteidigung zu betrachten: Die millionenfache Auswertung von Telefongesprächen in Europa ist nach Angaben von NSA-Direktor Keith Alexander zumindest teilweise von den nationalen Geheimdiensten selbst durchgeführt worden. Die in Frankreich, Spanien und Italien gesammelten Daten über Telefongespräche, über die Medien berichteten, stammten nicht allein vom Geheimdienst NSA, sondern auch von seinen ausländischen Partnern, so Alexander am Dienstag in einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss im Abgeordnetenhaus.

In der Anhörung verteidigte Alexander erneut die Spähprogramme seiner Behörde als wichtiges Mittel im Anti-Terror-Kampf. Der Koordinator aller US-Geheimdienste, James Clapper, bezeichnete die Überwachung ausländischer Spitzenpolitiker bei Geheimdiensten rund um den Globus als übliche Methode. Das sei "eines der ersten Dinge", die er zu Beginn seiner Ausbildung 1963 gelernt habe, sagte Clapper. Er sei überzeugt, dass Verbündete die USA und deren Geheimdienste oder Spitzenpolitiker ebenfalls ausspioniert hätten.

Der deutsche Auslandsnachrichtendienst solche Spekulationen prompt zurückgewiesen. "Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmeldeaufklärung durchgeführt", sagte Gerhard Schindler, der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), der Zeit.

Deutsche Delegation in Washington

Die diplomatische Schadensbegrenzung geht derweil in Washington weiter: Am Mittwoch kommt es zu einem Treffen von hochrangigen Vertretern der Regierungen der USA und Deutschlands.

Nach Informationen der New York Times ist Präsident Barack Obama zudem bereit, die Bespitzelung verbündeter Staats- und Regierungschefs künftig zu untersagen. Dies würde einen grundlegenden Wandel für die Arbeit des US-Geheimdienstes NSA bedeuten. Die Überwachung von Merkels Handy wurde nach anderen Berichten bereits in diesem Sommer gestoppt.

Unklar ist weiterhin, wann Obama selbst von der Bespitzelung erfahren hat. Die CDU-Vorsitzende soll bereits seit 2002 vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein. Die Aktion soll auch aus der US-Botschaft in Berlin betrieben worden sein. Wahrscheinlich seien auch Gespräche aufgezeichnet worden. Auch das UN-Hauptquartier in New York ist US-Regierungsvertretern zufolge nicht mehr im Visier der NSA. Obama habe den Geheimdienst jüngst angewiesen, die elektronische Überwachung des Sitzes der Vereinten Nationen zu beenden.

Wie die NSA private Daten ausspäht - etwa über das Netzwerk Facebook - hat übrigens der Guardian anschaulich aufgeschlüsselt - hier geht's zu der Infografik.

Frankreich sollte "besser spionieren"

Dass die USA und andere in befreundetet Ländern schnüffeln, darüber macht sich die französische Handelsministerin Nicole Bricq keine Illusionen. Im Gegenteil: "Wirtschaftsspionage ist eine Realität" und Frankreich sollte dabei besser werden, um die USA zu übertrumpfen. "Da nützt kein Jammern. Ich denke, wir müssen besser sein und besser organisiert", so Bricq.

Es ist ein Grundstück in bester Lage. Vom Pariser Platz in Berlin gelangt man zu Fuß flott zum Büro von Bundeskanzlerin Merkel. Nicht nur zu Fuß, wie der Spiegel zu Wochenbeginn enthüllte, denn die dort postierte US-Botschaft soll das Zentrum für den elektronischen Lauschangriff auf Merkel und ihre Regierung gewesen sein.

Wie aus den Unterlagen des NSA-Aufdeckers Edward Snowden klar hervorgeht, war Berlin einer der Brennpunkte für Abhöroperationen der NSA. In der deutschen Hauptstadt soll ein sogenanntes SCS-Team („Special Collection Service“) gearbeitet haben. Eine Eliteeinheit der US-Auslandsgeheimdienste, die unter dem Deckmantel diplomatischer Missionen der USA operiert. Gut getarnt sollen auf den Dächern der Botschaft Hightech-Anlagen installiert sein, mit denen man sich in alle Übertragungswege der modernen Telekommunikation – von der Mobiltelefonie bis zum WLAN-Netzwerk – einklinken kann. Mit Wärmebildkameras lassen sich in den obersten Etagen des Botschaftsgebäudes Energieverbräuche darstellen, die mit alltäglicher diplomatischer Routine auf keinen Fall erklärt werden können.

Horchposten in Deutschland und Österreich

Sogar der Papst soll bespitzelt worden sein

A combination photo shows antennas and suspected c
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A general view shows the U.S. embassy in a thermal
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Abandoned antennas of former NSA listening statio
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File photo of antennas of Former NSA listening sta
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A general view of the former monitoring base of th
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A sign hangs from a fence in front of the former m
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ÖBB-Personenverkehr AG übersiedelt in den IZD-Towe

Lauschangriff in Wien?

Kein Einzelfall, insgesamt sollen an 80 Standorten von US-Botschaften derartige Spionage-Operationen durchgeführt werden, davon 19 allein in Europa. Zu den wichtigsten Standorten gehören natürlich Städte, in denen UNO-Einrichtungen aktiv sind, also Genf und Wien. In Genf, so berichtete der Schweizer Tagesanzeiger kürzlich, sollen die SCS-Teams von der örtlichen US-Mission aus aktiv sein.

Dass auch am UNO-Sitz in Wien abgehört wird, machen US-Geheimdienstexperten regelmäßig deutlich. Wien war im Kalten Krieg ein Zentrum für Geheimdienstoperationen der Supermächte. Allein der deutlich überdimensionierte Personalstand der diplomatischen Einrichtungen der USA legte nahe, dass sich in scheinbar unwichtigen Einrichtungen der Botschaft Geheimdienst-Mitarbeiter tummelten.

Auch die Zusammenarbeit österreichischer Nachrichtendienste mit den USA hat Tradition. So wurden von der Königswarte in Hainburg im Kalten Krieg abgehörte Informationen aus den benachbarten Warschauer-Pakt-Staaten direkt an die US-Stützpunkte in Deutschland weitergeleitet.

Doch am UNO-Sitz in Wien gibt es auch heute noch brisante Informationen zu holen, heikle Gespräche zu belauschen, allen voran bei der UN-Atombehörde IAEO. Sie steht seit einem Jahrzehnt im Zentrum des Streits um das iranische Atomprogramm. Regelmäßig beklagen sich führende iranische Diplomaten über Informationen, die an die USA gelangt sind, noch bevor sie überhaupt in offiziellen IAEO-Dokumenten auftauchen.

Wo die für solche Abhöraktionen notwendigen Einrichtungen installiert sind, darüber kursieren in Wien seit Monaten Berichte und Gerüchte. Zuletzt rückte eine Villa in der Wiener Nobelgegend Pötzleinsdorf in den Mittelpunkt des Interesses. Sie soll über Jahrzehnte ein Stützpunkt der NSA gewesen sein, von dem aus Telefonate, eMails und Datenverkehr angezapft wurden. Die US-Botschaft erklärte, es handle sich lediglich um ein Zentrum zur Sammlung allgemein zugänglicher Medien und das sei ohnehin veraltet. Die Villa soll schon nächstes Jahr verkauft werden.

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