Schallenberg hielt EU-Botschafter trotz Affäre um Porno-Blog im Amt

Es war eine hausinterne Causa, mit der das Außenministerium unter Beate Meinl-Reisinger (Neos) diesen Sommer alle Hände voll zu tun hatte: Im Juli wurde bekannt, dass ein österreichischer Botschafter in einem EU-Land einen Sadomaso-Blog betrieben haben soll. Konkret handelt es sich um Blogeinträge, die aus der Sicht einer Frau unter dem Pseudonym „Caro“ verfasst wurden. Dabei geht es um explizite Darstellungen von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen. Die Frau schildert, wie sie selbst und andere Frauen Männern willenlos zu Diensten stehen.
Der Spitzendiplomat wurde inzwischen abberufen – auf eigenen Wunsch, wie es offiziell heißt. Allerdings hatten entsprechende Untersuchungen gegen ihn bereits im Jahr 2024, also unter dem damaligen Außenminister Alexander Schallenberg, begonnen.
Untersuchungen 2024
Seine Amtsnachfolgerin Meinl-Reisinger hat diesen Sommer eine Untersuchungskommission beauftragt, den Fall zu überprüfen. Zuvor hatten Medien am 26. Juli erstmals darüber berichtet. Am 14. August nahm die Kommission unter der Leitung von Thomas Starlinger, ehemaliger Verteidigungsminister (Regierung Bierlein) und mittlerweile sicherheitspolitischer Berater Meinl-Reisingers, ihre Arbeit auf.
Bei einem Medientermin am Montagnachmittag präsentierte Starlinger den Bericht. Darin wird festgehalten, dass aufgrund des Vorliegens der vorhandenen Informationen der Beamte aus Brüssel deutlich früher abgezogen werden hätte müssen, als es letztlich geschehen ist.
Reputationsschaden
Konkret heißt es in dem Bericht: „Aus Sicht der Kommission lag der Entscheidung, den betroffenen Beamten im Anlassfall auf seiner Position zu belassen, eine Fehleinschätzung hinsichtlich des Risikos einer externen Erpressbarkeit, des öffentlichen Bekanntwerdens der festgestellten Tätigkeiten (insbesondere des von ihm betriebenen pornografischen Blogs) und damit eines Vertrauensverlusts der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben (Reputationsschaden) zugrunde.“
Weiter heißt es, Meinl-Reisingers Amtsvorgänger Schallenberg sei nach übereinstimmenden Aussagen von Auskunftspersonen über den Vorgang informiert gewesen. Unter Schallenberg wurde zwar ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet. Dieses endete jedoch lediglich mit einem Verweis und einem Eintrag in den Personalakt. Der Beamte blieb somit weiterhin im Amt des Botschafters.
Reagierte nicht auf Kontaktanfrage
Starlinger hält fest, dass die Abberufung des Botschafters Sache der Ressortleitung, also Schallenbergs, gewesen wäre. Die Gründe, warum dies nicht geschehen ist, „sind uns leider verborgen geblieben“, so der frühere Verteidigungsminister. Auf eine entsprechende Kontaktanfrage der Kommission per Mail habe Schallenberg nicht reagiert.
Brisant war für die Kommission zudem die Frage zu potenziellen Sicherheitslücken im Außenministerium. Also ob die Aktivitäten des Spitzenbeamten im Zusammenhang mit einem Hackerangriff auf die Infrastruktur des Außenministeriums in den Jahren 2019 und 2020 stehen könnten. Die Geräte des Beamten wurden von der fünfköpfigen Kommission entsprechend geprüft.
Kein Zusammenhang
Das Ergebnis: Es konnte kein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Blog des Beamten und dem Cyberangriff auf das Außenministerium festgestellt werden.
Die in den Medien kolportierten Gerüchte sind zwar richtig: Der Account des Beamten war bei dem Hackerangriff involviert. Allerdings habe eine ganze Serie von Fehlern zu dem damaligen Vorfall geführt.
Es habe zudem keine Indikation auf Einflussnahme durch ausländische Nachrichtendienste auf den Beamten gegeben, so Starlinger. Das Handy des Diplomaten wurde nicht gehackt, sondern von einer ihm familiär sehr nahestehenden Person abfotografiert – so kamen die Fotos schließlich zur Hinweisgeberstelle des Bundeskanzleramts. Der Beamte befindet sich nach Beamtendienstrecht weiterhin im Personalbestand des Ministeriums. Sein Botschafterposten wurde nachbesetzt.
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