Slowakei: Premier will Korruptionsjäger loswerden - aber Ärger mit EU vermeiden

Robert Fico, Premier Slowakei
Wenn sich der neue Premier eines EU-Landes bei der EU in Brüssel vorstellt, sorgt er üblicherweise gleich für entsprechende Aufmerksamkeit der Medien. Nicht so Robert Fico, der neue alte Premier der Slowakei. Der reiste kürzlich möglichst unauffällig und ohne öffentliche Auftritte nach Brüssel. Dafür aber hatte er gleich seinen Justizminister und seinen Verteidigungsminister und engsten politischen Vertrauten, Robert Kalinak mitgebracht.
Dringende Anliegen
Fico war nicht nur zum Händeschütteln, sondern mit einem sehr dringenden politischen Anliegen bei der EU-Kommission, genauer gesagt bei Justizkommissar Didier Reynders.
Eilverfahren
Er will im Eilverfahren eine Reform der slowakischen Justiz durchziehen. Die Kernpunkte: Abschaffung der Korruptionsstaatsanwaltschaft und Verringerung der Strafen für Betrug und Korruption.
Behörde als Todfeind
Ein zumindest bemerkenswertes Projekt. Schließlich laufen gegen mehrere enge Vertraute Ficos – etwa Robert Kalinak – seit Jahren strafrechtliche Ermittlungen wegen Korruption, oder Missbrauch von EU-Geldern. Fico selbst entging vor mehr als einem Jahr nur knapp einer Auslieferung an die Justiz, weil die Aufhebung seiner Immunität als Abgeordneter im Parlament haarscharf gescheitert war. Beantragt hatte die die Korruptionsstaatsanwaltschaft, also exakt jene Behörde, die Fico jetzt so dringend aus der Welt schaffen will.
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Spuren führen zum Premier
„Fico versucht mit allen Mitteln jene Spuren von Korruption zu verwischen, die zu seiner Partei, aber auch zu ihm persönlich führen“, erklärt der slowakische EU-Parlamentarier Martin Hojsik gegenüber dem KURIER: „und er versucht dafür die Zustimmung der EU-Kommission zu bekommen.“
Sanktionen vermeiden
Fico versucht also den Folgen zu entgehen, mit denen sich sein ungarischer Nachbar und Amtskollege Viktor Orban herumschlagen muss. Immer noch sind Milliarden an EU-Geldern für Ungarn eingefroren, weil die EU mit der Reform der Justiz in Ungarn nicht einverstanden war: Ein mühsames Verfahren ist im Gang.
Reformen retour
Ungarn hat inzwischen Teile der Reform rückgängig gemacht und dafür Zustimmung von der EU bekommen. Ficos Pläne aber sorgen von Anfang an für Misstrauen bei den EU-Behörden. Man habe ihn gebeten, die Reformen vorerst zu stoppen, meint man bei der EU-Kommission auf KURIER-Anfrage, vor allem aber solle er nicht versuchen, diese Reform im Eilverfahren durchzuziehen.
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Drohung mit Veto
Doch genau das hat der slowakische Regierungschef offensichtlich vor. Auch wenn auch in der Slowakei selbst der Unmut gegen seine Pläne immer lauter wird, in fast allen Städten des Landes finden in diesen Massenproteste statt. Auch Staatspräsidentin Zuzana Caputova – eine politische Gegnerin Ficos – droht inzwischen mit ihrem Veto gegen die Reform. Doch Fico scheint vorerst entschlossen weiterzumachen. „Er will das Ganze möglichst noch bis zum Jahresende durchziehen“, erklärt der EU-Abgeordnete Hojsik: „Er weiß genau, was für ihn und seine Vertrauten auf dem Spiel steht.“
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