Seltsame nächtliche Militärparade in Nordkorea

Nordkorea feiert 75 Jahre Kommunistische Arbeiterpartei.
Machthaber Kim Jong-un entschuldigt sich für Lebensverhältnisse. USA reagieren enttäuscht auf Waffen-Show.

Nordkorea hat zum 75. Gründungstag der herrschenden kommunistischen Arbeiterpartei mit einer ungewöhnlichen nächtlichen Militärparade Stärke demonstriert. Das Staatsfernsehen zeigte am Samstagabend (Ortszeit) Bilder von den Jubiläumsfeiern mit Tausenden im Stechschritt marschierenden Soldaten, mit Raketen beladenen Fahrzeugen, jubelnden Menschenmassen und einem Feuerwerk im Zentrum der Hauptstadt Pjöngjang.

Dabei wurde auch eine bislang unbekannte und besonders große Interkontinental-Rakete in der Öffentlichkeit gezeigt. Machthaber Kim Jong-un kündigte an, sein Land werde weiter die Verteidigungsfähigkeit aufbauen. Die USA, mit denen Verhandlungen über einen Atomwaffenverzicht ausgesetzt sind, erwähnte Kim nicht.

Der 36-Jährige entschuldigte sich in seiner Ansprache für die schwierigen Lebensverhältnisse im Land. Er schäme sich, dass er das enorme Vertrauen der Bevölkerung nicht angemessen habe zurückzahlen könne, sagte der zeitweise emotional berührt wirkende Kim. "Meine Bemühungen und Hingabe waren nicht ausreichend, um unser Volk aus seinen schwierigen Lebensverhältnissen herauszubringen", so Kim.

"Monster"-Rakete

Westliche Experten erklärten, die neuartige Rakete sei eine der weltweit größten Interkontinental-Raketen, sollte sie einsatzbereit sein. Das Fluggerät wurde auf einem Fahrzeug mit elf Achsen transportiert. "Die Rakete ist ein Monster", sagte Melissa Hahn von der Nichtregierungs-Organisation Open Nuclear Network. Zudem waren Raketen zu sehen, die offenbar von U-Booten abgeschossen werden können.

Ein Vertreter der US-Regierung nannte die Zur-Schau-Stellung der Raketen "enttäuschend" und rief die nordkoreanische Regierung auf, die Abrüstungs-Verhandlungen wieder aufzunehmen. US-Präsident Donald Trump hatte bei persönlichen Treffen mit Kim keinen Durchbruch erreichen können. Die USA hatten Hilfen und das Ende von Sanktionen in Aussicht gestellt, sollte Nordkorea im Gegenzug seine Atomwaffen vernichten. Unklar ist, welchen technischen Stand die atomare Bewaffnung Nordkoreas erreicht hat.

Mit Anzug und Krawatte

Der in einem grauen Anzug und mit Krawatte gekleidete Kim hielt seine Rede auf einem Podium auf dem Kim-Il-sung-Platz, der hell erleuchtet war. Als er die Bühne betrat, war es nach einer auf dem Video zu sehenden Uhr Mitternacht. Der Diktator war von ordengeschmückten Generälen umgeben und erhielt Blumengeschenke von Kindern. Während seiner halbstündigen Rede schwitzte er sichtbar, trotz der kühlen Temperaturen. Bei seinem Dank an die Truppen kamen ihm Tränen. Als die Raketen vorbeirollten, lächelte und lachte er. Für die Mangelwirtschaft und schlechte Versorgungslage machte er internationale Sanktionen, Wirbelstürme und das Coronavirus verantwortlich.

Corona gibt es offiziell nicht

Er sei dankbar, dass sich nicht ein einziger Nordkoreaner mit dem Virus angesteckt habe, sagte Kim. Diese Einschätzung wird jedoch in Südkorea und in den USA angezweifelt. Er erklärte, er hoffe, dass sich Nord- und Südkorea nach dem Ende der Corona-Krise wieder die Hände reichen würden. Ende September hatte Nordkorea bestätigt, im Rahmen seiner Maßnahmen gegen das Coronavirus einen Südkoreaner getötet zu haben. Kim hatte an Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in geschrieben, der Vorfall hätte sich nicht ereignen dürfen.

Nach Ansicht von Beobachtern erhoffte sich die Führung von dem nächtlichen Massenspektakel offensichtlich eine größere Wirkung. "Die Entscheidung, das zu Beginn der Nacht abzuhalten, macht Sinn, mit Kim Jong-uns scharfer, emotionaler Betonung, die Widrigkeiten zu überwinden", schrieb der Nordkorea-Experte Ankit Panda auf Twitter. Damit solle suggeriert werden: "Das Licht der Arbeiterpartei wird die Dunkelheit durchdringen."

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