Selenskij überrascht: Bereit für Wahlen im Krieg
Selenskyj bei einem Besuch in Deutschland, September 2024.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat sich bei einer Pressekonferenz in Kiew überraschend offen für Neuwahlen noch während des laufenden Krieges gezeigt. Gleichzeitig skizzierte er zentrale Eckpunkte eines möglichen Friedensprozesses und künftiger Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
USA und Europa sollen für Schutz sorgen
Selenskij erklärte, er sei bereit, sich einem demokratischen Votum zu stellen, sofern die Sicherheit des Wahlprozesses gewährleistet werden könne. „Ich werde morgen in der Ukraine sein. Ich warte auf Vorschläge unserer Partner, ich warte auf Vorschläge unserer Abgeordneten – und ich bin bereit, in Wahlen zu gehen“, sagte der Präsident. Er forderte die USA und europäische Staaten auf, Schutz für die Durchführung der Abstimmung zu bieten. Wenn dies gesichert sei, könne die Ukraine innerhalb von 60 bis 90 Tagen Wahlen organisieren.
Drei zentrale Dokumente
Parallel dazu berichtete Selenskij von laufenden Arbeiten an drei zentralen Dokumenten für eine künftige Friedensordnung. Das erste sei ein Rahmenpapier mit derzeit rund 20 Punkten, das laufend aktualisiert werde.
Es enthalte grundlegende Prinzipien für einen möglichen Frieden und die Sicherheitsarchitektur nach dem Krieg. Das zweite Dokument befasse sich mit bilateralen Sicherheitsgarantien – sowohl mit den USA als auch mit europäischen Partnern. Im aktuell diskutierten Plan seien diese Garantien „als eine Art Analogon zu Artikel 5 der NATO“ formuliert. Das dritte Dokument betreffe den Wiederaufbau der Ukraine nach einem Waffenstillstand.
Selenskij betonte, dass der gemeinsame Friedensvorschlag der Ukraine und europäischer Staaten den USA noch nicht offiziell vorgelegt worden sei. Nationale Sicherheitsberater würden heute und morgen weiter daran arbeiten, unter anderem an Fragen des künftigen EU-Beitritts der Ukraine und dem Umgang mit eingefrorenen russischen Vermögenswerten.
Noch keine direkten Verhandlungen
Gegenwärtig gebe es keine direkten Verhandlungen mit Russland. Moskau zeige kein Interesse an einem ernsthaften Friedensprozess und setze seine Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur fort. Zugleich signalisierte Selenskij begrenzte Gesprächsbereitschaft: Sollte Russland zu einem „Energie-Waffenstillstand“ bereit sein, wäre auch die Ukraine offen für eine solche Vereinbarung.
Neue Mittelstreckenwaffen
Militärisch verwies der Präsident auf den Einsatz neuer ukrainischer Mittelstreckenwaffen. Die Ukraine nutze bereits Raketen der Typen „Long Neptune“, „Palianyzja“, „Flamingo“ und „Sapsan“. Viele Angriffe würden von Russland Neptun-Systemen zugeschrieben, „und sie sollen das ruhig weiter glauben“, sagte Selenskij, ohne weitere Details zu nennen.
In den kommenden Tagen erwarte Kiew mehr Klarheit über den genauen Inhalt der US-Sicherheitsgarantien, betonte der Präsident. Die Kombination aus möglichen Neuwahlen, Sicherheitsgarantien des Westens und einem strukturierten Friedens- und Wiederaufbauplan soll nach seinen Vorstellungen den Rahmen dafür bilden, die Ukraine langfristig politisch zu stabilisieren – trotz eines anhaltenden Krieges, dessen Ende weiterhin offen ist.
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