Selenskij spricht von "Gegenoffensiv-Aktionen" der ukrainischen Armee

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij
Ukrainische Armee in Bachmut bis zu 1,4 Kilometer vorgerückt. Russisches Militär will vier weitere Leopard-Panzer zerstört       haben - Drei Tote bei Drohnenangriff auf Odessa.

Die ukrainische Armee geht laut Präsident Wolodymyr Selenskij derzeit mit Gegenangriffen entlang der Front gegen die russischen Truppen vor. Es fänden derzeit "Gegenoffensiv- und Defensiv-Aktionen" statt, er werde dazu aber "keine Einzelheiten" nennen, sagte Selenskij am Samstag in Kiew. Es blieb unklar, ob sich Selenskij auf die lang erwartete Gegenoffensive bezog, die das ukrainische Militär seit Monaten geplant und angekündigt hat. 

 

 Auf die Frage nach einem Kommentar zu Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin vom Freitag, wonach die Gegenoffensive der Ukraine begonnen habe, zuckte Selenskij mit den Schultern und zog die Augenbrauen hoch. "Es ist interessant, was Putin über unsere Gegenoffensive gesagt hat. Es ist wichtig, dass Russland immer spürt, dass es meiner Meinung nach nicht mehr viel Zeit hat." Selenskij ergänzte, er sei "täglich" in Kontakt mit Kommandanten. "Alle sind positiv eingestellt, sagen Sie das Putin", sagte er weiter.

Stillschweigen über ihre Großoffensive

Die ukrainische Seite hatte Stillschweigen über ihre Großoffensive verkündet. Putin hatte erklärt, für den Beginn der Gegenoffensive spreche der Einsatz der strategischen Reserve. Die ukrainischen Soldaten hätten bisher aber keinen Erfolg. Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Samstag, ukrainische Soldaten hätten in den südlichen Regionen Donezk und Saporischschja sowie in der Gegend um Bachmut im Osten vergeblich versucht, vorzustoßen.   

"Die Gesamtverluste der ukrainischen Streitkräfte in den genannten Gebieten innerhalb eines Tages beliefen sich auf bis zu 300 Soldaten, 9 Panzer, darunter 4 Leoparden, und 11 Schützenpanzer, darunter 5 amerikanische Bradley...", sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag. Auch eine französische Haubitze vom Typ Cesar sei zerstört worden. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

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Angriffe habe es nahe der Stadt Orichiw und an der Grenze zwischen den Gebieten Saporischschja und Donezk südlich der Ortschaft Welyka Nowosilka gegeben, hieß es weiter. "Alle Attacken des Gegners wurden zurückgeschlagen", zudem seien zwei ukrainische Marschkolonnen von der russischen Artillerie getroffen worden. Die Behörde präsentierte anschließend Bilder zerstörter Panzer. Angaben des russischen Verteidigungsministeriums zu Verlusten der ukrainischen Seite haben sich in der Vergangenheit oft als übertrieben herausgestellt.

Bereits Anfang der Woche hatte Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Zerstörung von acht Kampfpanzern des Typs Leopard berichtet. Seine Behörde hatte dann als "Beweisvideo" Aufnahmen ins Netz gestellt, die selbst von prorussischen Militärbloggern als offensichtlich falsch kritisiert wurden. So sei auf den Bildern, die das Ministerium als Zerstörung eines Leoparden präsentierte, der versehentliche Beschuss eines Traktoren zu sehen.

Die Angaben aus der Ukraine unterscheiden sich. Nach Angaben des Militärs sind die ukrainischen Truppen an einigen Stellen bis zu 1,4 Kilometer vorgerückt. "Wir versuchen den Feind anzugreifen, wir machen Gegenangriffe", hatte der Sprecher des Kommandos Ost am Samstag zuvor gesagt. Die russischen Truppen starteten ebenfalls Angriffe, hätten aber keinen Erfolg gehabt. Angaben zum Kriegsverlauf lassen sich größtenteils nicht unabhängig überprüfen.

Nach Angaben des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) führte die Ukraine an mindestens vier Frontabschnitten Gegenangriffe durch. Gefechte haben demnach in der Nähe der Stadt Bachmut, bei der Stadt Kreminna, im Südwesten der Region Donezk sowie im Westen der Region Saporischschja stattgefunden, hieß es im jüngsten Lagebericht vom Freitag (Ortszeit) unter Berufung auf Angaben aus Kiew, Moskau und von russischen Militärbloggern.

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Auch Großbritannien geht von militärischen Fortschritten der Streitkräfte des angegriffenen Landes aus. In den vergangenen 48 Stunden habe es wichtige ukrainische Militäroperationen im Osten und Süden des Landes gegeben, teilte das britische Verteidigungsministerium am Samstag mit. Während in einigen Gegenden gute Fortschritte erzielt und die erste russische Verteidigungslinie durchbrochen worden seien, gehe es für die Ukrainer anderswo langsamer voran. Auf russischer Seite hätte es wohl einige glaubwürdige Verteidigungseinsätze gegeben. Andere Einheiten hingegen hätten sich in einiger Unordnung zurückgezogen. Dabei häuften sich Berichte über Opfer unter den russischen Truppen beim Rückzug durch eigene Minenfelder.

Außerdem berichteten die Briten in ihrem täglichen Geheimdienst-Update davon, dass die russische Luftwaffe über der Südukraine ungewöhnlich aktiv gewesen sei. Bei einem russischen Luftangriff auf die Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa wurden nach ukrainischen Angaben drei Zivilisten getötet.

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