Seeretter erhoffen Hilfe von Gerichtshof

 Von Sea Watch aus dem Meer gerettet, aber noch nicht in Sicherheit
Seit zwei Wochen warten 42 Menschen an Bord des NGO-Schiffes „Sea Watch 3“ vor der Küste Siziliens auf die Hafeneinfahrt.

Die Lage spitzt sich dramatisch zu. Seit zwei Wochen warten 42 Menschen an Bord des deutschen NGO-Schiffes „Sea Watch 3“ vor der Küste Siziliens auf grünes Licht für eine Hafeneinfahrt. Die Sea-Watch-Crew richtete nun einen dringenden Appell an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Sie bitten um „Maßnahmen“, um Italien endlich zur Aufnahme von 42 Migranten des Rettungsschiffs zu bewegen, um „gravierende Menschenrechtsverletzungen“ zu verhindern. Bis Montagabend sollte Italien auf Fragen des EGMR antworten.

Der Europarat forderte bereits vor einer Woche eine sofortige Landeerlaubnis für das Rettungsschiff. „Die Geretteten brauchen unverzüglich einen sicheren Hafen. Es muss gehandelt werden und zwar schnell“, lautet ein Twitter-Appell der Evangelischen Kirche in Deutschland . Zwölf deutsche Städte haben sich bisher zur Aufnahme der Menschen bereit erklärt. Der Erzbischof von Turin betonte, seine Diözese würde die Menschen ebenfalls aufnehmen.

Doch Innenminister Matteo Salvini blieb davon ungerührt. Der ultrarechte Lega-Chef brüstet sich mit seiner Politik der „geschlossenen Häfen“. NGO- Rettungsschiffe dürfen in Italien seit Amtsantritt der rechtspopulistischen Regierung im Juni 2018 nicht mehr anlegen. Zudem hat die Koalition aus Lega und Fünf Sternen ein umstrittenes Sicherheitspaket im Parlament verabschiedet. Das Dekret trägt die Handschrift Salvinis.

„Vergiftetes Klima“

Menschenrechtsaktivisten kritisieren das Maßnahmenpaket scharf. Hohe Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro sollen NGO-Schiffe zahlen müssen, die Menschen aus Seenot im Mittelmeer retten. Die Strafen sollen, wie Salvini ausdrücklich betonte, gegen den Schiffskapitän, die Reederei und den Betreiber des Rettungsschiffes verhängt werden. Die Konfiszierung von Rettungsschiffen ist bei einem Verstoß gegen internationale Regeln vorgesehen. „Diese Umkehr der Guten zu Bösen, die hier stattfindet, und das vergiftete Klima im Land sind unerträglich“, sagt Bürgerrechts-Aktivist Massimo Marnetto.

Seit Jahresanfang ist die Zahl der Ankünfte von geflüchteten Menschen um 85 Prozent gegenüber 2018 zurückgegangen. Heuer kamen bis 10. Juni in Italien 2.144 Personen über das Mittelmeer an. Laut Innenministerium in Rom ist die Zahl der Asylanträge um die Hälfte gesunken. Mit der Schließung der Aufenthaltszentren und der massiven Einschränkung bei Aufenthaltsbewilligungen hat Salvini viele Zuwanderer in die Illegalität und auf die Straße gedrängt.

Trotz Menschenrechtsverletzungen und politisch chaotischer Lage in Libyen will Italien die Kooperation mit der libyschen Küstenwache weiter verstärken. Zehn neue Schiffe sollen nach Libyen geliefert werden. „In den libyschen Lagern sind die Menschen Folter, sexueller Gewalt, Erpressungen und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt“, warnen Menschenrechtsbeauftragte des Europarats.

Irene Mayer-Kilani, Rom

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