Kurz: "Diese Türkei hat keinen Platz in der EU"

Ein Foto des Außenministeriums: Kurz heute in Brüssel
Beim EU-Außenrat in Brüssel warnte der Außenminister Italien vor einem "Weiterwinken" von Flüchtlingen Richtung Norden. Durch die jüngsten Aussagen von Erdogan sieht er sich in seiner kritischen Haltung zur Türkei bestätigt.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sieht sich in seiner kritischen Haltung zur Türkei durch die jüngsten Aussagen von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, der Kritikern am liebsten "den Kopf abreißen" möchte, bestätigt. "Diese Türkei hat keinen Platz in der EU", sagte Kurz am Montag vor Beginn des EU-Außenrats in Brüssel.

Die Beitrittsverhandlungen sollten abgebrochen werden, bekräftigte Kurz. "All diese Aussagen, die von Erdogan kommen, sind noch nicht das Schlimmste. Sondern das Schlimmste ist, was in der Türkei tagtäglich passiert. Andersdenkende werden mundtot gemacht, es sind unzählige inhaftiert worden, Opposition und Journalisten werden eingeschüchtert. Das ist etwas, wo Europa nicht wegsehen darf."

Deshalb sei er "froh, dass auch bei dem Thema Brüssel ein Stück weit hier die Linie verändert hat und wir als EU jetzt eine klarere Linie in Richtung Türkei haben." Er habe das lange eingefordert, "schön langsam ergibt sich da eine gewisse Bewegung", so Kurz.

Kurz warnt vor Weiterwinken

Kurz warnte Italien vor einem "Weiterwinken" von Flüchtlingen Richtung Norden gewarnt. Nach dem EU-Außenministerrat sagte Kurz, notfalls "werden wir die Brenner-Grenze schützen". Notwendig sei ein "Systemwechsel in der ganzen Migrationsfrage".

Jedenfalls habe es "heute keine Kritik" beim Rat an seiner Haltung gegeben, "früher viel". Das Weiterwinken von Flüchtlingen "haben wir in Europa 2015 erlebt", verwies Kurz auf die Situation vor der Schließung der Westbalkanroute. "Ich habe damals mit Unterstützung vieler Verbündeter die Westbalkanroute schließen können. Wir haben gezeigt, dass man die illegale Migration stoppen kann. Selbiges gilt für das Mittelmeer und die Italien-Route. Ein Weiterwinken wäre genau der falsche Ansatz, das werden wir nicht zulassen", betonte der Minister.

Kurz: "Diese Türkei hat keinen Platz in der EU"
ABD0007_20170717 - BRÜSSEL - BELGIEN: BM Sebastian Kurz (l.) im Gespräch mit dem italienischen Außenminister Angelino Alfano im Rahmen des EU-Außenministerrates in Brüssel am Montag, 17. Juli 2017. - FOTO: APA/BMEIA/DRAGAN TATIC - ++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK UND REDAKTIONELL ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND ++

Die Lösung könne keinesfalls darin bestehen, indem man darüber diskutiere, wie die Flüchtlinge bestmöglich auf Europa verteilt werden können. Zu der Debatte, wonach Italien temporäre Visa ausstellen könnte, mit denen Flüchtlinge Richtung Norden weiterreisen dürfen, sagte Kurz, "das ist natürlich absurd. Wir brauchen ganz das Gegenteil". Wenn immer mehr Menschen nach Mitteleuropa weitergewunken werden, "führt das dazu, dass mehr und mehr nachkommen". Man dürfe nicht glauben, dass die Außengrenzen Italiens oder Griechenlands dadurch entlastet werden, wenn man Menschen weiterwinke. "Das führt dazu, dass sich immer mehr Menschen auf den Weg machen, die Schlepper mehr verdienen und immer mehr im Mittelmeer ertrinken. Durch Weiterwinken wird kein Problem gelöst".

Kurz begrüßt neue Linie bei Kern

Erfreut zeigte sich Kurz, dass in Österreich und auch der EU viele seinen Weg in der Migration, der zu Beginn kritisiert wurde, nun teilten. "In Österreich hat zum Beispiel der Bundeskanzler durchaus seine Linie verändert. Das ist positiv. Es ist natürlich gut, wenn der Verteidigungs- und der Innenminister mit mir an einem Strang ziehen. Auf europäischer Ebene gibt es auch immer mehr Bewusstsein". In den vergangenen beiden Jahren "hat sich viel geändert".

Kurz: "Als ich im April kritisiert habe, dass einige NGO mit Schleppern zusammenarbeiten, bin ich dafür massiv gescholten worden. Jetzt sind wir gerade dabei sicherzustellen, dass das nicht mehr stattfinden kann". Die NGOs müssten ihre Finanzierung offenlegen. Es sei klargestellt, dass sie in libyschen Gewässern nichts verloren haben. "Wenn sie nicht bereit sind, zu kooperieren, wurden ihre Boote und Schiffe beschlagnahmt. Da geht schon vieles in die richtige Richtung. Das Ziel ist klar, an der Schließung der Mittelmeerroute weiter dranbleiben und Druck machen".

Es müsse sichergestellt werden, dass die Rettung aus dem Mittelmeer nicht mehr mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden sei. "Wenn wir das tun würden, würde sich kaum jemand überhaupt auf den Weg nach Libyen machen. Die brechen ja nicht nach Libyen auf, um dort leben zu wollen, sondern weil sie das als den Weg Richtung Europa sehen. Wir als EU müssen da etwas ändern. Dabei gebe es zwei Möglichkeiten. Das Beste wäre, eine Möglichkeit zu finden, mit afrikanischen Staaten zu kooperieren, in die wir illegale Migranten zurückstellen können. Bei ordentlichen Angeboten gebe es diese Bereitschaft. Dann wäre auch "die Zahl derer, die wir dort zurückstellen würden, ja nicht unermesslich hoch. Sobald sie wissen, als Migrant, wenn sie sich auf den Weg machen, dem Schlepper viel bezahlen und ihr Leben riskieren, aber das Ergebnis ist ein Flüchtlingszentrum Richtung Ägypten, wird der Zustrom innerhalb weniger Wochen massiv abreißen".

Fähren stoppen

Fähren mit illegalen Migranten von den Inseln auf italienisches Festland seien zu stoppen. "Je mehr Fährenverkehr wir hier haben, je schneller illegale Migranten auf Inseln gebracht werden, je schneller von den Inseln aufs Festland, je schneller sie vom Festland Richtung Österreich und Deutschland ziehen können, desto mehr Menschen machen sich auf den Weg", warnte der Außenminister. "Insofern muss man zahlreiche Schritte setzen, um die Mittelmeerroute zu schließen, dafür werde ich weiter kämpfen".

Zur Zusammenarbeit mit Libyen und den Problemen in dortigen Flüchtlingslagern stellte Kurz fest, es seien die "Schlepper, die dort Menschen nicht nur ausbeuten, nicht nur deren Leben bei der Überfahrt übers Mittelmeer riskieren, sondern davor noch unter KZ-ähnlichen Zuständen in Lagern einsperren und kasernieren". Daher müsse es gelingen, dass die Menschen sich gar nicht erst auf den Weg nach Libyen machen. Auch dies könne nur gelingen, wenn die Mittelmeerroute geschlossen werde.

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