Sebastian Kurz: Brauchen Ansporn für Bewegung in der Ostukraine

Sebastian Kurz besuchte zu Jahresbeginn die Ostukraine
Österreichs Außenminister stellt sein Programm für den OSZE-Vorsitz vor – die Ostukraine und Russland haben dabei Priorität.

Zum Auftakt des österreichischen OSZE-Vorsitzes reiste Außenminister Sebastian Kurz gleich in die OstukraineEinstandsbesuch bei jenem Konflikt also, der die Organisation wie kein anderer dominiert. Drei Schwerpunkte hat sich der österreichische Vorsitz gesetzt: Kampf gegen Radikalisierung; Aufbau von Vertrauen im OSZE-Raum; und das Ziel bestehende Konflikte zu deeskalieren. Heute stellt Kurz sein Programm für 2017 der OSZE vor. Kommende Woche wird er Kiew und Moskau besuchen.

KURIER: Haben Sie denn den Eindruck, dass in diesem Konflikt alle Parteien an einem Strang ziehen? Vor allem in Anbetracht der schleppenden Umsetzung des Waffenstillstandes und des Minsk-Abkommens.

Sebastian Kurz: Sie wissen, dass die Situation schwierig ist und eben nicht alle an einem Strang ziehen. Sonst gäbe es hier keinen Konflikt. Allerdings habe ich schon das Gefühl, dass alle Beteiligten mit dem Status quo nicht zufrieden sind. Und das ist eine gute Ausgangssituation. Ich glaube, es wäre falsch zu glauben, dass es hier große Würfe oder eine schnelle Lösung geben kann. Die OSZE-Beobachtermission hat aber zu einer Verbesserung geführt. Wenn es gelingt, dass sie besseren Zugang bekommt, in der Nacht kontrolliert werden kann, dass man die Mission technisch besser ausstattet, dann werden wir vorangekommen sein und einem funktionierenden Waffenstillstand näher.

Muss das Minsk-Abkommen – an sich ja eine Roadmap zur Beilegung des Konfliktes – nachgebessert werden? Mittlerweile gibt es ja schon die Roadmap zur Umsetzung der Roadmap.

Es gibt stetig Verhandlungen – und Minsk ist die Basis dafür. Ich glaube, es braucht keine großen neuen Ziele. Wir wissen ja, was es braucht: Zum Ersten einen Waffenstillstand – als Basis, um freie Wahlen durchzuführen. Was es aus meiner Sicht aber braucht, um das umzusetzen, sind vertrauensbildende Maßnahmen zwischen Ost und West. Wir müssen weg von einem System der Bestrafung hin zu einem System des Ansporns. Es muss glaubhaft sein, dass wir als Europa Interesse an einem positiven Miteinander mit Russland haben. Nur wenn das gelingt, wird es ein Mehr an Vertrauen geben, und das ist Basis dafür, dass es in der Ostukraine Bewegung gibt – weil wir alle wissen, dass Russland starken Einfluss auf die pro-russischen Separatisten hat.

Was aber ist die politische Alternative zu Sanktionen?

Wenn es eine Verbesserung vor Ort gibt, müssen wir die Sanktionen schrittweise lockern. Das derzeitige System, das die vollständige Umsetzung von Minsk vor einer Lockerung vorsieht, bietet kaum Ansporn.

Sie haben gesagt, dass es für diesen Konflikt keine militärische Lösung gibt – aber ist es nicht so, dass hier eine militärische Lösung implementiert wird?

Die Frage ist, wie reagiert man darauf? Und hier militärisch zu agieren, wäre falsch gewesen.

Braucht es eine Anpassung oder Ausweitung der Mandate der OSZE in der Region?

Die Beobachtermission hat derzeit das Problem, dass sie nicht den Zugang erhält, der notwendig wäre und, dass die Sicherheitslage so schlecht ist, dass die Arbeit nur eingeschränkt stattfinden kann. Hier voranzugehen, hat Priorität. Verbunden mit einer besseren Ausstattung der Mission, um dem bestehenden Mandat nachkommen zu können.

Von Kiew wurde immer wieder eine bewaffnete Polizeimission angedacht. Eine Option?

Die OSZE ist eine Organisation mit 57 Mitgliedsstaaten. Darunter Russland. Und jegliche Mission braucht die Zustimmung aller Staaten. Derzeit gibt es für eine solche Idee nicht die notwendige Unterstützung.

Sehen Sie das Risiko, dass es Ziel einer Partei sein könnte, diesen Konflikt einzufrieren, um ein Faustpfand in der Ukraine zu behalten?

So lange man hier einen Konflikt hat, in dem es regelmäßig zu Kämpfen kommt, wäre es gut, wenn er eingefroren werden würde und es zu einem Waffenstillstand kommt, auf Basis dessen dann eine politische Lösung gefunden wird. Aber so weit sind wir noch nicht.

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