Schwesternkrieg: Plötzlich steht der Koalitionsbruch im Raum

Einstimmigkeit, das war einmal: Merkel und Seehofer
Seehofer bringt ein Koalitions-Aus als Druckmittel ins Spiel – Krisengipfel am Wochenende.

"Ich hoffe, das löst sich alles einvernehmlich auf am Wochenende." Wenn Horst Seehofer leise Töne anschlägt, ist die Irritation groß: Bisher schien dem bayerischen Ministerpräsidenten jeder noch so ruppige Ton in der Flüchtlingsdebatte recht – jetzt plötzlich, einen Tag nach seinem Ultimatum an Angela Merkel, bis Allerheiligen endlich eine Kehrtwende zu vollziehen, gibt er sich sanft und zurückhaltend.

Der Grund dafür? Seehofer hat einen Trumpf in der Hinterhand. Merkel hat ihn nach seiner Drohung zu einem Vier-Augen-Gespräch am Wochenende geladen; er hat ihr deshalb eine kleine Drohbotschaft geschickt: den möglichen Koalitionsbruch.

Ausgesprochen hat er das allerdings nicht selbst. Die Bild und die Welt berichtete, dann dem Bayern als "Ultima Ratio" der Abzug seiner drei Minister aus dem Berliner Kabinett vorschwebe – dies ist deutlich bedrohlicher für Merkel als die unkonkreten "Abwehrmaßnahmen", die Seehofer zuletzt androhte. Bestätigen wollte Seehofer diese Absicht persönlich natürlich nicht – er sagte nur so viel: "Wir sind auf alles vorbereitet, juristisch, politisch, prüfen dieses, jenes."

Wiederwahl steht an

Gerätselt wird nun, wie viel Kalkül hinter dem Schritt steht. Denn zum einen stellt sich der CSU-Chef am 21. November seiner Wiederwahl – zwar ist diese nicht in Gefahr, aber ein starker Auftritt gegenüber Merkel verschafft ihm aber natürlich Rückhalt. Zum anderen nutzt Seehofer die Koalitions-Keule aber auch als realpolitisches Druckmittel, denn Bayern agiert tatsächlich langsam am Rande seiner Kapazitäten – und die Belastung lässt auch die Stimmung in der CDU nach und nach kippen. Eine Gruppe kommunalpolitischer Abgeordneter bereitet einen Antrag vor, mit dem man eine Schließung der Grenzen erzwingen will.

Diesem Gegenwind will Merkel nun mit dem kurzfristig anberaumten Krisengipfel am Wochenende begegnen – eingeladen ist nämlich nicht nur Seehofer, sondern auch SPD-Chef Gabriel. Wahrscheinlich ist, dass man am Sonntag, dem Stichtag des Ultimatums, eine Variante der Transitzonen beschließt, mit der alle Beteiligten zufrieden sind. Dies wäre dann auch ein kleiner Sieg für Seehofer. Seine Trumpfkarte, den Koalitionsbruch, könnte er dann wieder aus dem Spiel nehmen – schließlich ist sie auch die allerletzte, die er noch hat.

Kommentare