Schreibverbote: Wie Ungarns Zensur radikaler wird

Viktor Orban beim EU-Gipfel am 21. Februar in Brüssel.
Unter Viktor Orban wird die Berichterstattung über bestimmte Themen nun genehmigungspflichtig oder ganz abgewürgt.

Die Chefs der staatlichen Medien in Ungarn haben ihren Redakteuren mitgeteilt, sie brauchten nun eine Genehmigung, um über bestimmte Themen zu berichten. Dazu zählen: Migration, Terrorismus in Europa, Brüssel, Kirchenthemen und auch die Klima-Aktivistin Greta Thunberg. Das geht aus geleakten E-Mails hervor, aus denen die europäische Ausgabe des US-Politikmagazins Politico zitert.

"Sensible Themen"

Über Menschenrechtsorganisationen soll den Mails zufolge gar nicht berichtet werden. Die Redakteure in staatlichen Medien werden mit Listen "sensibler Themen" versorgt und müssen ihre Artikel darüber zur Genehmigung vorlegen. Bei Berichten über Thunberg müsse um Erlaubnis gefragt werden, bevor überhaupt mit dem Schreiben begonnen wird, wie aus den Mails hervorgeht.

Und: Die Journalisten erfahren nicht, von wem das grüne - oder rote - Licht für ihre Artikel kommt. Leitende Redakteure würden im Falle der Ablehnung dann schönfärberisch sagen, die Berichterstattung sei "im Kampf gefallen", berichtet ein ungarischer Redakteur unter der Zusicherung von Anonymität.

Gegen Ungarn ist wie gegen Polen ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags im Gespräch. Nach diesem Artikel kann die Mitgliedschaft eines Staates in der EU suspendiert werden, wenn die Gefahr einer Verletzung der Grundwerte - wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit - festgestellt wird.

Medien unter der Knute

Ungarns nationalkonservativer Premier Viktor Orban hat auch private Medien in den vergangenen Jahren geschwächt oder zum Aufgeben gezwungen, indem diese alle staatlichen Werbeeinschaltungen verloren und dadurch defizitär wurden.

Im Jahr 2017 berichteten ungarische Medien, durch zwei Firmenübernahmen sei Ungarns gesamter Markt der Regionalmedien in regierungsnahe Hände gelangt. Die "Übernahme" der Regionalzeitungen hatte im Herbst 2016 mit dem Verkauf des Verlagshauses Mediaworks durch die Firma Vienna Capital Partners (VCP) des Wiener Investors Heinrich Pecina an ein ungarisches Unternehmen begonnen, das dem regierungsnahen Oligarchen Lörinc Meszaros nahe steht.

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