Scholz plädiert für Ampel-Regierung in Nordrhein-Westfalen

Scholz plädiert für Ampel-Regierung in Nordrhein-Westfalen
Wahlsieger Wüst will "Versöhnung von Ökonomie und Ökologie". FDP geht von Schwarz-Grün aus.
 

Nach der Landtagswahl im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen stehen die Zeichen auf Schwarz-Grün. CDU und Grüne seien klare Gewinner, so CDU-Generalsekretär Mario Czaja am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Der CDU-Wahlsieger und Ministerpräsident Hendrik Wüst stellte am Montag nach der Wahl den Führungsanspruch, am Abend gab seine Partei grünes Licht für Sondierungen. Bundeskanzler Olaf Scholz eine SPD-geführte Regierung weiterhin für möglich.

"Wir hätten uns alle gemeinsam ein besseres Ergebnis in Nordrhein-Westfalen gewünscht", sagte der SPD-Politiker am Montagabend in der Sendung "RTL Direkt". Die SPD habe es nicht geschafft, von Platz zwei auf Platz eins zu kommen und den amtierenden Regierungschef Wüst vom Wahlergebnis her unmittelbar abzulösen.

Jetzt werde noch mal geschaut, welche Möglichkeiten zur Regierungsbildung vorhanden seien. "Das ist ja auch der Fall: Die Parteien, die in Berlin, hier in Deutschland die Bundesregierung stellen, haben eine Mehrheit im Landtag. Vielleicht ergibt sich daraus ja auch was."

Nicht stärkste Partei in der Führung

Zunächst einmal werde Wüst Gespräche führen. "Andere werden das auch machen." Es sei in der Geschichte Deutschlands schon ziemlich oft vorgekommen, dass nicht die stärkste Partei den Regierungschef stellt. "Insofern wäre es jetzt verwunderlich, wenn man sagen würde, das kann gar nicht der Fall sein", so Scholz.

Wüst kündigte nach den CDU-Gremiensitzungen in Berlin indes die Bildung einer neuen Landesregierung "auf Augenhöhe" an. Zentrale Frage sei die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, sagt er. Die NRW-Grünen hatten am Sonntag eine Regierung "auf Augenhöhe" gefordert.

Für alles offen

Auf die Frage, ob auch eine Große Koalition mit der SPD möglich sei, sagt Wüst nur: "Ich werde mit einem Gesprächsangebot auf alle demokratischen Parteien zugehen." Für diesen Kurs holte er sich am Abend das Plazet des CDU-Landesvorstandes. Dieser beschloss, dass Sondierungen mit allen demokratischen Parteien geführt werden sollen. Mit dieser Formulierung wird in Deutschland das Nein zur Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) umschrieben.

CDU-Chef Friedrich Merz sieht seine Partei nach dem Wahlerfolg in Nordrhein-Westfalen auch bundesweit wieder in der Erfolgsspur. "Seit dem gestrigen Tag ist die CDU wieder zurück auf Platz eins unter den deutschen Parteien", sagte der Parteichef am Montag in Berlin. Er wies darauf hin, dass im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW rund jeder fünfte Wähler bundesweit lebe.  Wer dort Wahlen gewinnen könne, könne das auch in ganz Deutschland. Das sei ein "guter Tag" nicht nur für die CDU in NRW, sondern für die CDU in ganz Deutschland gewesen. Die CDU-Führung fühle sich durch das Wahlergebnis in ihrem eingeschlagenen Kurs "mehr als nur bestätigt", sagte Merz. Für die Bundespartei sei der NRW-Erfolg allerdings nur ein "Etappensieg". Vor ihr liege noch viel Arbeit.

Nach dem CDU-Erfolg in Nordrhein-Westfalen sieht CSU-Chef Markus Söder die gesamte Union im Aufwind. Der Erfolg in Düsseldorf sei "eine echte Stärkung der Union", sagte der bayerische Ministerpräsident am Montag in München. Das gute Abschneiden sei nicht nur ein Erfolg von Wüst, der "gekämpft hat wie ein Löwe", sondern auch das Ergebnis der guten Zusammenarbeit von CDU und CSU seit Jahresbeginn. Die Abstimmung sei sehr eng, und beide Parteien ließen sich nicht mehr auseinanderbringen. Für die CSU und ihn selbst sei das Ergebnis der NRW-CDU aber kein Maßstab für die Landtagswahl in Bayern im Herbst 2023. "35,7 Prozent wären kein zufriedenstellendes Ergebnis. Da ist sicher mehr drin", sagte Söder auf Nachfrage.

SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty sieht nach der historischen Niederlage seiner Partei bei der Landtagswahl den Vortritt für Koalitionsgespräche bei der CDU. "Das Erstvorschlagsrecht liegt beim Wahlgewinner", sagte der NRW-SPD-Landeschef am Montag nach einer Sitzung des SPD-Bundespräsidiums in Berlin. Die SPD werde sich die ersten Kontaktaufnahmen und Sondierungen zwischen CDU und Grünen genau ansehen. Gleichwohl stehe die SPD für Gespräche über eine Ampel bereit.

Ampel ist möglich

Obwohl nach der NRW-Landtagswahl eine Ampel-Koalition rechnerisch möglich ist, geht der FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp fest von einer Koalition aus CDU und Grünen aus. Auf die Frage nach den Chancen einer Koalition aus SPD, Grünen und FDP sagte Stamp am Montagmorgen im Sender WDR 5: "Die Frage stellt sich nicht, es wird jetzt Schwarz-Grün." Die CDU werde "für den Ministerpräsidentenposten im Zweifelsfall sämtliche Inhalte preisgeben", sagte der Liberale. Eine Fortsetzung der bisherigen schwarz-gelben Landesregierung geht sich nach den massiven FDP-Verlusten nicht aus.

In der rechtspopulistischen AfD verstärken unterdessen Führungsmitglieder nach den Wahlverlusten den Druck auf Parteichef Tino Chrupalla. Vorstandsmitglied Joana Cotar sprach sich am Montag dagegen aus, dass Chrupalla im nächsten Monat noch einmal für den Chefposten antritt. Die Bundestagsabgeordnete forderte "unverbrauchte Köpfe an der Spitze der Partei". "Mit Tino Chrupalla endete die Erfolgsgeschichte der AfD. Er bildet weder die gesamte Partei ab noch überzeugt er bei den Wählern. Darum darf er als Bundessprecher nicht noch einmal antreten", erklärte Cotar. Die AfD will bei einem Parteitag Mitte Juni einen neuen Vorstand wählen.

Bei der Landtagswahl am Sonntag lag die CDU von Ministerpräsident Wüst mit 35,7 Prozent der Stimmen klar vorn. Die SPD landete mit deutlichen Verlusten und 26,7 Prozent auf dem zweiten Platz. Es handelt sich um das historisch schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten in ihrer früheren Hochburg. Massiv zulegen konnten die Grünen, die ihr Ergebnis der Wahl von 2017 mit 18,2 Prozent fast verdreifachten. FDP (5,9 Prozent) und die AfD (5,4 Prozent) schafften nur knapp den Wiedereinzug in den Landtag.

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