Schengen-Blockade: "Das wird bei uns Rechtsextremisten stärken"

Der aus Siebenbürgen stammende Diplomat Nicolae Stefanuta ist Vize-Chef der wirtschaftsliberalen-pro-europäischen Partei "Union Rettet Rumänien". Der 40-Jährige, der lange in Wien studiert hat und fließend Deutsch beherrscht, sprach mit dem KURIER über...
...die Reaktionen in Rumänien: "Das ist ein Schlag gegen die Menschenwürde meiner Landsleute. Viele sind tief gekränkt. Wir haben in den vergangenen Jahren alle unsere Pflichten erfüllt und waren auf den Schengen-Beitritt perfekt vorbereitet. Österreichs Probleme mit der Migration haben mit uns nichts zu tun. Die Hauptrouten verlaufen ganz woanders. Wir werden da nur als Sündenbock benützt. Ich weiß, dass unsere Regierung viele Schwächen hat, Korruption immer noch ein Problem ist, aber Schengen ist eine technische Frage und in der sind wir tadellos."

Vorrübergehend ausgeträumt: ein Plakat mit EU-Aufschrift an den Fenstern des Informationszentrums des Europäischen Rates in Bukarest.
...die Rolle Österreichs: "In Rumänien haben wir Österreich immer als Freund gesehen, sogar als unser Zugang zum EU-Arbeitsmarkt durch Österreichs Einfluss um Jahre hinausgezögert wurde. Österreich galt doch immer als Friedensstifter. Jetzt hat es sich als Unruhestifter erwiesen. Wir sind auch für den Arbeitsmarkt in der EU, oder in Österreich keine Belastung, sondern eine Bereicherung. Viele Einrichtungen in Österreich könnten ohne rumänische Arbeitnehmer gar nicht mehr funktionieren."
...Folgen in Rumänien: "Dass wir weiterhin nicht dem Schengenraum beitreten können, ist auch eine massive Belastung für Rumäniens Industrie. Firmen wie der Autobauer Dacia verlieren täglich Unsummen, nur wegen der nun weiterhin aufrechten Zollformalitäten an der Grenze. Außerdem wird diese Entscheidung die Kräfte in Rumänien stärken, die bei uns ohnehin ständig die EU-Skepsis anheizen, also die Rechtsextremisten. Die sind die einzigen , die von dieser Entwicklung profitieren."

Nicolae Stefanuta ist EU-Parlamentarier und Vize-Chef der wirtschaftsliberalen, pro-europäischen Partei USR.
...politische Hintergründe: "Österreichs Entscheidung gegen Rumänien ist sehr spät und für uns völlig überraschend gefallen. Das kommt auch bei vielen Entscheidungsträgern in Brüssel nicht gut an. Ich weiß ja, dass in Österreich Regionalwahlen demnächst stattfinden. Die ÖVP versucht also, mit den Thema Migration zu punkten, weil sie Angst vor der FPÖ hat. Doch so etwas hat noch nie funktioniert. Die Leute wählen dann doch lieber das Original."
...langfristige Hoffnung: "Ich bleibe überzeugter Pro-Europäer. Wenn sich meine Landsleute jetzt als EU-Bürger zweiter Klasse fühlen, versuche ich zu beruhigen. Langfristig sind wir auf dem Weg zur europäischen Integration. Wir brauchen nur mehr Geduld."
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