Jedes fünfte Kind weltweit lebt in Kriegs- oder Konfliktgebieten

PALESTINIAN-ISRAEL-CONFLICT
Rund 520 Millionen Buben und Mädchen wachsen in einem gewalttätigen Umfeld auf - viele von ihnen, etwa in Gaza oder im Kongo, sind schwer traumatisiert.

Viele Kinder sahen ihre Mütter oder andere Verwandte sterben, andere wurden selbst missbraucht oder verstümmelt, wieder andere vertrieben oder als Kindersoldaten von Warlord-Milizen zwangsrekrutiert – der Alltag zahlreicher Buben und Mädchen im Osten des Kongo gleicht seit Jahrzehnten dem blanken Horror.

Der Riesenstaat in Afrika ist dementsprechend einer der Hotspots für Verbrechen an Minderjährigen, wie in einer Studie der Kinderhilfsorganisation „Save the Children“ jetzt herausgearbeitet wird.

41.763 schwere Vergehen an Heranwachsenden weltweit werden darin aufgelistet. Mehr als die Hälfte davon entfallen bloß auf vier Länder: auf die von Israel besetzten Palästinensergebiete, auf Somalia sowie Nigeria und eben auf den Kongo.

M23 rebel group takes over Goma, DR Congo

Der Kongo ist einer der Hotspots für Verbrechen an Kindern

Diese Zahl des Grauens bedeutet eine Steigerung um 30 Prozent binnen Jahresfrist und einen traurigen Höchststand. 

Insgesamt, so wird in dem Report Alarm geschlagen, mussten 2024 weltweit 520 Millionen Kinder in Konfliktgebiet leben. Das ist statistisch jeder fünfte Bub und jedes fünfte Mädchen. Und ein Zuwachs um 47 Millionen im Vergleich zu 2023.

Seit 2005 erhebt „Save the Children“ diese Zahlen, und noch nie waren sie so erschreckend hoch wie diesmal.

"Skandal"

Es sei ein „Skandal, dass Staaten mehr Geld für Waffen ausgeben als für den Schutz von Kindern“, wetterte der Geschäftsführer des deutschen  Ablegers der Organisation, Florian Westphal. Gerade in Zeiten „globaler militärischer Aufrüstung muss der Schutz von Kindern das zentrale Ziel von Sicherheitspolitik sein“. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, konstatierte der Deutsche.

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Der Krieg in Gaza ist zwar vorerst vorbei, die Wunden in den Seelen der Kinder heilen aber, wenn überhaupt, langsam

„Mein Vater machte Witze, um uns von den Explosionen abzulenken“, schilderte die zwölfjährige Sara al-Shafie jene Momente, als die israelische Streitmacht bei Beit Lahija im Gazastreifen angegriffen hatten, „es war das letzte Mal, dass ich wirklich gelacht habe. Dann hörten wir draußen einen Panzer anhalten. Soldaten stürmten ins Haus und schossen sofort, eine Kugel traf meinen Vater in die Brust und (Bruder; Anm.) Ibrahim in den Kopf. Sie starben direkt vor meinen Augen“, schilderte das Mädchen im Vormonat dem "Spiegel".  Und dass sie  im Zuge des Gazakrieges beide Elternteile und zwei Brüder verloren habe. Immerhin: Fünf Geschwister seien ihr noch geblieben.

Abertausende Kinder im Gazastreifen sind traumatisiert, wissen Experten. „Du kannst sie oft nicht ansprechen, sie schauen durch dich hindurch“, sagte die Psychologin Katrin Glatz Brubakk heuer in einem "Zeit"-Interview. Wobei die Reaktionen je nach Persönlichkeitskostüm unterschiedlich seien. „Manche sitzen nur noch in ihren Zimmern oder Zelten, sie gehen nicht mehr raus, werden apathisch.  Manche fangen an, sich die Haare auszureißen oder sich zu beißen, zum Teil bis sie bluten. Manche rennen davon, sie schlagen oder treten um sich. Sie können ihre innere Unruhe nicht kontrollieren“, analysierte die Norwegerin, die für „Ärzte ohne Grenzen“ aktiv ist.

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Die Kinder vieler Familien werden noch lange in Zelten hausen müssen, weil ihre Häuser im Gazastreifen zerstört sind

Und obwohl die Psychologin immer wieder auf Erfolgserlebnisse verweisen  und so manch geschundene Kinderseele zumindest ein wenig heilen kann, weiß sie auch: „Manche Kinder werden für immer von diesen extremen Traumata gezeichnet sein.“
 

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