Mekka, Moneten und Machtspiele

Inmitten der arabischen Umstürze spielt die totalitäre Monarchie ihr eigenes Spiel.

Seine Emissäre sind mit Geldkoffern im türkisch-syrischen Grenzgebiet unterwegs und haben in Kairo alle amerikanischen und europäischen Bemühungen ausgestochen und Militärs von Ägypten erfolgreich auf ihre Seite gezogen. Während der Westen zaudert und zögert, nicht weiß, auf wen man setzen soll in den arabischen Tumulten, hat eine Macht die Hebel übernommen: Saudi-Arabien, jene Öl- und Geld-strotzende Monarchie die die heiligen Stätten des Islam, Mekka und Medina, beheimatet.

Als „Regionalmacht“ bezeichnet Günter Meyer von der Uni Mainz Saudi-Arabien. Eine Macht, die alle Möglichkeiten nutze, um den konservativ islamischen Wahabismus weltweit zu verbreiten. Religion und Geld als außenpolitische Werkzeuge. Sichtbar gemacht durch den Milliarden verschlingenden Bau von Moscheen von Westafrika über Bosnien bis nach Indonesien.

Pragmatische Ziele

Nach innen ist man dagegen bemüht, als Wächter der heiligen Stätten, jede Regung politischen Islams zu ersticken. Denn es ist ein Regime, das nach den Worten von Meyer, ein sehr pragmatisches Ziel verfolgt: Den eigenen Machterhalt, der gegen alle Risiken beinhart verteidigt wird. Egal, ob es sich dabei um die schiitische Minderheit, liberalere Ansichten oder El-Kaida-nahe Ideologien handelt. Denn, wie die Umbrüche in Tunesien, Libyen oder Ägypten dem Königshaus demonstriert haben, kann es sehr schnell gehen.

Stabilität und nicht Umstürze sind es, die Saudi Arabien anstrebt. Und so applaudierte Riad dem ägyptischen Militär als erstes Land zu seinem Putsch sowie dessen Schlägen gegen die Muslimbrüder. Für den etwaigen Fall einer Streichung von US-Militärhilfen stellte das Königshaus den Generälen bereitwillig Kompensation in gleicher Höhe in Aussicht.

Es war die Syrien-Krise, die Saudi-Arabien zwang, von der bisherigen Schatten-Diplomatie abzuweichen und sich als „Schutzmacht der Sunniten“, wie Meyer es nennt, zu positionieren – in Zweckallianz mit Lokal-Rivalen Katar, der in Ägypten die Muslimbrüder unterstützt.

Die Krise in Syrien bietet Saudi-Arabien die Chance, seinem Hauptfeind in der Region eines auszuwischen: dem Iran. Meyer spricht vom „schiitischen Halbmond“ Iran, Irak, Syrien und Hisbollah im Libanon. Mit einem Regimewechsel in Syrien könnte Saudi-Arabien einen Keil in diese Achse treiben.

Risiko-Diplomatie

Aber die Strategie Riads, die syrischen Rebellen der Freien Syrien Armee (FSA) in großem Stil mit Geld und Waffen zu versorgen, birgt Risiken. Denn in den Reihen der Rebellen sind auch Gruppen aktiv, die zwar nicht der FSA unterstehen, deren extremistische Ideologie aber auch das saudische Königshaus im Visier hat. Und nicht zuletzt birgt auch der zunehmende Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten, der vor allem durch das Eingreifen der Hisbollah aufseiten des syrischen Regimes vertieft wurde, Gefahren.

„Die Gefahr eines Flächenbrandes besteht“, so Meyer. Und letztlich, so sagt er, sei auch das saudische Königshaus keineswegs stabil. Unmut rege sich vor allem wegen der Haltung der saudischen Führung gegenüber den ägyptischen Muslimbrüdern.Und nicht zuletzt würden sich auch saudische Salafisten durch den Wahlerfolg ihrer Glaubensbrüder in Ägypten (25 Prozent) motiviert fühlen. Die Gefahr eines Umsturzes sieht Meyer dennoch nicht. Denn ein Faktor, der die Proteste in der arabischen Welt angefeuert hat, fehle: Massenhafte Armut.

Öl Saudi-Arabiens Wirtschaft hängt massiv an den Öl-Vorkommen und der Öl-Verarbeitung. 64 % des BIP werden in der Industrie erwirtschaftet. Nur 1,9 % in der Landwirtschaft.

Bevölkerung Saudi-Arabien hat 27 Mio. Einwohner. 100 % sind Muslime. Die Mehrheit sind Sunniten, 10 bis 15 % sind Schiiten.

Die Erbmonarchie

König Abdullah Der 81-Jährige ist seit 2005 König und Premier.

König Fahd (1982–2005) Er suchte die Nähe zu den USA und baute die Wirtschaft aus.

König Chaled (1975–1982) Federführend bei der Gründung des Golf-Kooperationsrates 1981.

König Faisal (1964–1975) Tat sich vor allem mit der Auflösung der Regierung hervor.

König Saud (1953–1964) Bildete eine Ministerregierung.

König Asis (1932–1953) Rief das Königshaus aus und zeugte 42 Söhne.

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