Sarkozy-Urteil sorgt für Aufsehen: Wird Le Pen ebenfalls hart bestraft?

Sarkozy
Trotz Berufung gleich Haft: Die Maßnahme spaltet Frankreich. Wird sie auch Auswirkungen auf Le Pen haben?

Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy hat noch etwas Zeit, um persönliche Dinge zu regeln. Doch lange dürfte es nicht dauern, bis er seine Haftstrafe antreten muss. 

Am Donnerstag hatte ein Gericht den 70-Jährigen wegen Verschwörung im Zusammenhang mit illegaler Wahlkampffinanzierung aus Libyen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt - und eine sofortige Vollstreckung verfügt. Damit kann Sarkozy die Zeit der von ihm angekündigten Berufung nicht in Freiheit verbringen.

Das Urteil spaltet die Meinung über den Umgang der Justiz mit politischem Fehlverhalten - wenige Monate vor dem Berufungsverfahren der Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie will sich mit dem Einspruch gegen ihr Urteil wegen Veruntreuung von EU-Geldern die Chance auf eine Kandidatur bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 sichern.

Das Urteil gegen Sarkozy zeigt laut dem Präsidenten der größten französischen Richtergewerkschaft USM, Ludovic Friat, dass niemand über dem Gesetz stehe. Die Entscheidung markiere ganz klar eine Zäsur. Friat beklagt zugleich, dass bei derartigen, stark beachteten Prozessen den Richtern mitunter vorgeworfen werde, die politische Bühne zu betreten. "Ich bedauere, dass dies allzu oft als Nebelkerze dient, um von den tatsächlich begangenen Straftaten abzulenken."

Sarkozy erhob Vorwürfe gegen Justiz

Sarkozy beteuerte beim Verlassen des Gerichts erneut seine Unschuld und erhob dafür Vorwürfe gegen die Justiz. Das Urteil laste schwer auf dem Rechtsstaat und schmälere das Vertrauen, das man in das Justizsystem haben könne. "Wenn sie unbedingt wollen, dass ich im Gefängnis schlafe, werde ich im Gefängnis schlafen, aber mit erhobenem Haupt", sagte Sarkozy.

Dass er umgehend hinter Gitter muss, unterscheidet ihn von anderen verurteilten Politikern in Frankreich. Viele haben die oft mehrere Jahre dauernden Berufungsverfahren auf freiem Fuß verbracht. Juristinnen und Politiker sagten der Nachrichtenagentur Reuters, das habe unter Amtsträgern ein Gefühl der Straffreiheit gefestigt. Aus diesem Grund würden Richter immer häufiger eine sofortige Vollstreckung anordnen, die Verurteilte vor einem Berufungsprozess in Haft bringen.

"Wachsende demokratische Forderung nach Integrität"

Bei einem Strafmaß von mehr als zwei Jahren Gefängnis gilt das laut Judith Allenbach, Präsidentin einer weiteren Richtergewerkschaft, für 89 Prozent der Fälle. "Seit mehreren Jahrzehnten gibt es eine wachsende demokratische Forderung nach Integrität bei gewählten Amtsträgern", sagte Allenbach zu Reuters. Die Richterschaft wende lediglich vom Parlament verabschiedete Gesetze an, die härtere Sanktionen für diese Art von Verbrechen vorschrieben.

Doch die ebenfalls verurteilte Politikerin Le Pen sieht das anders. Das Urteil gegen Sarkozy zeige, dass die Ausweitung der sofortigen Vollstreckung durch einige Gerichte "eine große Gefahr" darstelle. Die Frage betrifft Le Pen direkt: Die Vorsitzende der Partei Rassemblement National (RN) wurde im März für fünf Jahre von politischen Ämtern ausgeschlossen. Weil auch dieses Urteil mit sofortiger Vollstreckung gilt, ist ihr - trotz Berufung - eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2027 untersagt. In ihrem Berufungsverfahren soll im Jänner entschieden werden, ob sie doch antreten darf.

Verbündete Le Pens beklagen, dass rechte Politiker von der Justiz härter behandelt würden. Die ehemalige konservative Bürgermeisterin Brigitte Bareges wurde 2021 wegen Veruntreuung mit sofortiger Vollstreckung verurteilt, im Berufungsverfahren jedoch freigesprochen. "Was wir heute sehen, ist, dass das Justizsystem - oder zumindest ein Teil davon - zur Waffe der Mächtigen geworden ist", sagte sie.

Trump sieht Le Pen als Opfer von "Lawfare"

In den Fall Le Pen schaltete sich sogar US-Präsident Donald Trump ein. Er bezeichnete die 57-Jährige als Opfer von "Lawfare", also der missbräuchlichen Nutzung von Rechtsmitteln für politische Zwecke, und schickte ihr eine Diplomaten-Delegation zur Unterstützung. In Justizkreisen heißt es, die Fälle Sarkozy und Le Pen seien unterschiedlich. Ob sich ein Fall auf den anderen auswirken könne, sei unklar.

Doch die Debatte spaltet die französische Politik. Der konservative Senatspräsident Gérard Larcher teilte die Bedenken hinsichtlich der sofortigen Vollstreckung. Linke Abgeordnete hingegen begrüßten das Sarkozy-Urteil. Angesichts der Forderungen, die Maßnahme ganz abzuschaffen, erklärte Ministerpräsident Sebastien Lecornu am Freitag in der Zeitung "Le Parisien": "Wenn ein Gesetz zu einer Debatte führt, ist es am Parlament, sich damit zu befassen."

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