Millionen von al-Gaddafi: Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy drohen 7 Jahre Haft

Nicolas Sarkozy wird an diesem Donnerstag ohne Fußfessel ins Pariser Strafgericht kommen. Frankreichs früherer Präsident musste sie nur einige Monate tragen. Weil er seit Jänner 70 Jahre alt ist, erhielt er eine Verkürzung seiner Strafe wegen Korruption eines Justizbeamten. Allerdings droht ihm nun eine weitere Verurteilung in einem noch brisanteren Fall: im sogenannte Libyen-Prozess. Vorgeworfen wird dem Politiker, dass er seinen Präsidentschaftswahlkampf 2007 illegal mit Millionenbeträgen finanziert haben soll, den ihm der damalige libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi über Mittelsmänner überbringen ließ. Die Rede ist von bis zu 50 Millionen Euro.
Unvorstellbarer Korruptionspakt
Kurz nach Sarkozys Wahlsieg kam al-Gaddafi mit einem riesigen Gefolge nach Paris. Tagelang schlug er mitten in der Stadt sein Beduinenzelt auf und vereinbarte milliardenschwere Wirtschaftsverträge mit Sarkozy. Dieser beendete die internationale Isolation des Autokraten. Als das libysche Regime 2011 dann aber im Zuge von Massenprotesten unter Druck geriet und sich ein Bürgerkrieg zwischen Regierungstruppen und Rebellen entwickelte, war Paris eine treibende Kraft beim Nato-Einsatz durch Frankreich, Großbritannien und die USA, der zum Regimesturz führte.
Al-Gaddafi wurde von seinen Gegnern aufgespürt, gefoltert und getötet. Schwer lastet der Verdacht, Sarkozy habe sich damals auch von persönlichen Interessen leiten lassen, um zu verhindern, dass die Wahrheit über die geflossenen Millionen ans Licht komme. Ihn äußerte al-Gaddafis Sohn Seif al-Islam später in den Medien.
Die Anklage sprach von einem „unvorstellbaren, unanständigen Korruptionspakt mit einem der widerwärtigsten Diktatoren der letzten 30 Jahre“. Im Zuge der Ermittlungen, so Staatsanwalt Quentin Dandoy, habe sich das Bild von Sarkozy als einem Mann gezeigt, „der von seinem alles verzehrenden persönlichen Ehrgeiz getrieben wurde und bereit war, auf dem Altar der Macht wesentliche Werte wie Rechtschaffenheit und Ehrlichkeit zu opfern“. Er forderte sieben Jahre Haft und eine Geldstrafe in Höhe von 300.000 Euro.
Der Ex-Präsident bestritt die Vorwürfe und bezeichnete sich einmal mehr als Opfer einer politischen Justiz. Anstatt solider Beweise zeichne man von seinem Mandanten das Zerrbild eines „unehrlichen, geldgierigen Mannes“, kritisierte sein Verteidiger Jean-Michel Darrois. Auf der Anklagebank sitzen mehrere von Sarkozys Vertrauten, darunter die ehemaligen Minister Brice Hortefeux und Claude Guéant. Letzterer war 2007 Wahlkampfleiter und mietete in einer Pariser Bank einen begehbaren Raum an – laut Anklageschrift zur Unterbringung der libyschen Millionen. Er selbst behauptete, er habe dort Redemanuskripte gelagert.
Wichtiger Zeuge verstorben
Zeugen zufolge zirkulierte während der Kampagne viel Bargeld, das großzügig verteilt wurde. Die Untersuchungsrichter stießen auf Nachweise von mehreren diskreten Treffen zwischen dem Sarkozy-Lager und Vertretern der libyschen Seite, darunter al-Gaddafis Geheimdienstchef Abdullah Senoussi, der wegen seiner Beteiligung am Terroranschlag im Jahr 1989 auf ein Flugzeug von Brazzaville nach Paris mit 170 Toten verurteilt worden war. Unter den 13 Angeklagten, aber auf der Flucht im Libanon befand sich zudem der Geschäftsmann Ziad Takieddine, einer der wichtigsten Belastungszeugen.
Just am Dienstag ist der 75-Jährige verstorben. Er hatte behauptet, mehrere Koffer mit insgesamt fünf Millionen Euro ins Pariser Innenministerium gebracht zu haben, das damals Sarkozy leitete. Später zog er die Aussage zeitweise zurück – wohl auf Druck der in der französischen Boulevardpresse einflussreichen Mimi Marchand und Sarkozys Frau Carla Bruni hin. Gegen sie läuft ein gesondertes Verfahren.
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