Bettel kritisiert Österreichs EU-Vorsitz wegen Salvini-Video

Zu dem Eklat war es bei EU-Ministertreffen in Wien gekommen. Juncker stärkte Landsmann aus Luxemburg den Rücken.

Der luxemburgische Premier Xavier Bettel hat Österreichs EU-Vorsitz zum Auftakt des Salzburger Gipfels kritisiert. Bezogen auf ein heimlich gefilmtes Video von Italiens Innenminister Matteo Salvini sagte Bettel, er sei "enttäuscht von der österreichischen Präsidentschaft". Er hätte erwartet, dass die österreichische Präsidentschaft sagt, "dass das nicht geht", betonte Bettel. Er meint damit Videoaufzeichnungen bei nichtöffentlichen Sitzungen. Nur zu sagen, bei informellen Treffen gebe es keine Regeln, sei zu wenig.

Bettel werde auch hier in Salzburg genau schauen, ob die Kollegen aus Italien solche Videos anfertigen, erklärte Bettel vor Journalisten.

"Europa soll für Flüchtlinge Platz haben"

Gleichzeitig forderte Bettel eine Wende in der europäischen Flüchtlingspolitik. "Europa soll für Flüchtlinge Platz haben, das ist einer der Grundwerte der EU", sagte Bettel bei der Ankunft für einen EU-Gipfel am Mittwochabend in Salzburg.

Man müsse unterscheiden zwischen Migranten, die mit Mord bedroht oder gefoltert würden, und solchen, die einfach ein besseres Leben suchten. Die Flüchtlingszahlen seien derzeit niedriger als 2007. "Wir haben eine politische Krise, keine Flüchtlingskrise", so der liberale Politiker. Die EU-Staats- und Regierungschefs sollten das Thema auf dem Treffen in Österreich diskutieren.

Bettel äußerte sich in Salzburg auch zum Brexit. Diesbezüglich forderte er Bewegung von Großbritannien. Ein No Deal wäre schlecht für Großbritannien und für Europa, sagte er.

Juncker stärkt Asselborn den Rücken

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude hat seinem luxemburgischen Landsmann Jean Asselborn im Konflikt mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini den Rücken gestärkt. "Das, was da gesagt wurde, hätte man auch öffentlich sagen können", sagte Juncker am Mittwochabend in einer ZiB-Spezial aus Salzburg den Eklat am vergangenen Freitag bei einem EU-Afrika-Treffen in Wien.

"Die Art und Weise, wie der luxemburgische Außenminister sich ausgedrückt hat, war deutlich und verständlich", kommentierte Juncker die scharfe Replik Asselborns ("Merde alors") auf provokante Aussagen Salvinis zur Migrationspolitik, die von dem italienischen Vizepremier heimlich aufgezeichnet und dann auf Facebook veröffentlicht worden waren.

"Bin ein alter Hase"

"Ich bin ein alter Hase und habe schon viele Spannungen erlebt, auch solche rhetorische Brachialgewalt", sagte Juncker, der zugleich Kritik an dem Informations-Leak erkennen ließ. "In Europa sind diejenigen sehr beschäftigt, die dauernd Nachrichten durchstechen." Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel hatte sich zum Auftakt des EU-Gipfels in Salzburg "enttäuscht" von der österreichischen Ratspräsidentschaft wegen des Eklats gezeigt. Er hätte sich erwartet, dass die österreichische Präsidentschaft sagt, "dass das nicht geht", sagte er mit Blick auf Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), der das Treffen am Freitag ausgerichtet hatte.

Juncker machte in einem Doppelinterview mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auch klar, wen er im Sinn hatte, als er Anfang Juli bei seinem Wien-Besuch davon sprach, er, Juncker, würde "nicht so großspurig auftreten", wenn er Ratspräsident wäre. "Wenn ich darüber rede, dann meine ich meistens mich selbst", bestätigte Juncker die damals von der großen Mehrheit der Journalisten - darunter jene der APA - getroffene Einschätzung. "Wenn ich den Bundeskanzler kritisiere, dann nur unter vier Ohren und Augen, und nicht einmal da", fügte Juncker hinzu. Der Kanzler bemühe sich während des österreichischen Ratsvorsitzes "nicht nur redlich, sondern intensiv. Er macht das sehr gut."

Diskurs hinter geschlossenen Türen

Kurz erwartet sich von dem Salzburg-Gipfel in Sachen Migration, "den notwendigen Diskurs hinter geschlossenen Türen zu führen, den es braucht, um bei den Räten im Oktober und Dezember Beschlüsse zu fassen". Zu den umstrittenen Ausschiffungsplattformen sagte Kurz, es handle sich um "ein bissl eine seltsame Wortkreation", doch seien sie "die Lösung für die Migrationsfrage". Ägypten werde diesbezüglich "ein wichtiger Partner" sein, aber auch andere Länder wie Tunesien oder Marokko müssten einen Beitrag leisten. Auf die Frage, ob möglicherweise in Ägypten eine solche Plattform entstehen könnte, sagte Kurz: "Man sollte noch nicht alles medial zerkauen", sonst würden die Chancen sinken, die Pläne Wirklichkeit werden zu lassen. Ägypten nehme aber jetzt schon jene Migranten zurück, die von dort aus aufgebrochen seien, erläuterte er.

Der ÖVP-Chef stimmte auch der Kritik von Ratspräsident Donald Tusk an jenen Staaten zu, die die Migrationskrise für politische Zwecke missbrauchen würden. "Ich glaube, dass er das gut auf den Punkt gebracht hat, was derzeit stattfindet", sagte Kurz. Am linken und rechten Rand gebe es nämlich "viele", die zufrieden damit seien, dass die Krise nicht gelöst werde. "Was es braucht, ist eine starke Mitte, die das Thema lösen will", zeigte sich Kurz neuerlich erfreut über den "Sinneswandel" innerhalb der EU in der Migrationsfrage.

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