Ukrainische Truppen eroberten angeblich Dorf im Osten des Landes zurück

Sjewjerodonezk ist herftig umkämpft
Humanitäre Lage in Ostukraine laut UNO "extrem alarmierend". Russisches Schiff bei Angriff schwer beschädigt.

Ukrainische Truppen haben nach Angaben ihrer Militärführung ein Dorf im umkämpften Osten des Landes von russischen Truppen zurückerobert. Der Generalstab nannte am Freitagabend das Dorf Dmytriwka bei Isjum im Gebiet Charkiw. Die Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar. In der östlichsten Stadt der Frontlinie, Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk, war den ukrainischen Angaben nach weiter jede Straße umkämpft. Die Stadt und ihre Umgebung liege unter schwerem Artilleriefeuer.

Zunächst hatte der Vorstoß über die Stadt Isjum hinaus die russischen Angreifer bis weit in den Rückraum der ukrainischen Verteidiger des Donbass geführt. Westliche Quellen wie das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) verzeichneten aber am Donnerstag für die Region Isjum erfolgreiche ukrainische Gegenangriffe.

Das ukrainische Militär griff indes nach eigenen Angaben im Schwarzen Meer ein russisches Schiff mit Raketen an und beschädigte es schwer. Das 2017 in Dienst genommene Schiff habe Munition, Waffen und Soldaten zur seit Ende Februar von Russland besetzten Schlangeninsel bringen sollen, teilte die ukrainische Marine in sozialen Netzwerken mit. Eine Bestätigung der russischen Flotte lag zunächst nicht vor.

"Extrem alarmierend"

Die russischen Truppen setzten indes ihre Bemühungen fort, den Ring um Sjewjerodonezk von Süden zu schließen. "In den vergangenen 24 Stunden haben russische Kräfte wahrscheinlich weiterhin versucht, auf der Popasna-Achse die Oberhand zu bekommen, von der sie den Kessel von Sjewjerodonezk vom Süden her einkreisen wollen", hieß es in dem täglichen Update zum Ukraine-Krieg auf der Webseite des britischen Verteidigungsministeriums.

Die humanitäre Lage im Osten der Ukraine ist laut dem UNO-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) "extrem alarmierend". Wie das Büro am Freitag mitteilte, verschlechtert sich die Lage in der gesamten Ukraine und besonders im Donbass im Osten des Landes "schnell". Die Situation in und um die schwer umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk sei "besonders beunruhigend".

Kampfhandlungen nehmen zu

Nach Angaben der UNO gibt es in Sjewjerodonezk immer weniger Zugang zu sauberem Wasser, Nahrungsmitteln, sanitären Anlagen und Strom. Die Kampfhandlungen nähmen zu, der Krieg bedeute "enorme Verluste für Zivilisten und Helfer". Trotz der großen Schwierigkeiten, zu den Menschen in den Konfliktgebieten zu gelangen, seien jedoch inzwischen 8,8 Millionen Menschen von den Hilfsorganisationen erreicht worden, erklärte das Büro.

Das Azot-Chemiewerk in Sjewjerodonezk wurde laut Angaben aus Kiew durch russischen Artillerie- und Raketenbeschuss fast vollständig zerstört. "Es gibt insgesamt auf dem Territorium des Chemiegiganten keine erhalten gebliebenen Verwaltungsgebäude mehr", schrieb der Militärgouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, auf Telegram. Eine Evakuierung der 568 Zivilisten aus dem Chemiewerk war wegen anhaltendem Beschuss durch russische Truppen derzeit unmöglich. Unter den Schutzsuchenden in den Bunkern der Anlage seien auch 38 Kinder.

Raketenangriff

Laut Generalstab ist eine russische Offensive weiter westlich auf ein weiteres strategisches Ziel, den Ballungsraum Slowjansk, vorerst gescheitert. Russische Luftangriffe gab es in Richtung Awdijiwka im Gebiet Donezk, heftigen Artilleriebeschuss im Süden der Ukraine an der Grenze zwischen den Gebieten Cherson und Mykolajiw, während die Ukrainer dort eigenen Aussagen zufolge mehrere Luftangriffe auf russische Stellungen flogen. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen.

Bei einem russischen Raketenangriff auf Mykolajiw wurden nach ukrainischen Angaben zwei Menschen getötet. Zwanzig Menschen seien verletzt worden, darunter ein Kind, teilt der Gouverneur der gleichnamigen Region, Witali Kim, auf Twitter mit.

Trotz Umfragen, die nahelegten, dass die Mehrheit der Russen den Krieg in der Ukraine unterstützt, gebe es "Elemente" in der russischen Bevölkerung, die aktiv und passiv ihre Opposition zum Ausdruck brächten, so die britischen Experten weiter. Eine aus Russen rekrutierte Einheit namens Freiheit-für-Russland-Legion nehme beinahe sicher an Kampfhandlungen aufseiten der ukrainischen Streitkräfte teil. Die Skepsis an dem Krieg sei besonders groß in Kreisen der Wirtschaftselite und der Oligarchen. So legten Ausreiseanträge nahe, dass 15.000 Dollar-Millionäre versuchten, Russland zu verlassen, hieß es in dem Geheimdienst-Update.

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